Der bisher für das Kind handelnde Elternteil ist nicht mehr berechtigt, die Vollstreckung aus dem Titel fortzusetzen, und zwar auch nicht aus den Unterhaltsrückständen. Eine Ausnahme gilt dann, wenn das Kind den Anspruch an den Elternteil abgetreten hat (Seiler, in: Gerhard/v. Heintschel-Heinegg/Klein, Handbuch des Fachanwalts Familienrecht, 10. Aufl., Kap. 6 Rn 420 und Gerhardt, Kap. 6 Rn 1042). Das Abtretungsverbot der § 400 BGB, § 850b Abs. 1 Nr. 2 ZPO gilt in diesem Fall nicht (Gießler FamRZ 1994, 800; Gerhardt, a.a.O., Kap. 6 Rn 1047).
Hinweis:
Berechtigt zur Vollstreckung ist also allein das jetzt volljährig gewordene Kind – und zwar auch hinsichtlich der vom Titel mit erfassten Unterhaltsrückstände aus dem Zeitraum der Minderjährigkeit.
a) Verfahrensstandschaft
Ist der Titel in Verfahrensstandschaft erlangt worden, steht nicht der Name des Kindes im Rubrum, sondern der des Elternteils. Vollstreckt nach dem Eintritt der Volljährigkeit des Kindes der Elternteil aus einem solchen Titel, so ist er zwar weiterhin – formell – Inhaber des Titels, ist aber nicht mehr berechtigt, aus diesem Titel zu vollstrecken (OLG Hamm FamRZ 1992, 843; OLG Köln FamRZ 1995, 308) und muss mit einem Vollstreckungsgegenantrag nach § 120 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 767 ZPO rechnen (Roßmann, in: Eschenbruch/Schürmann/Menne, Der Unterhaltsprozess, 6. Aufl. 2013, Kap. 3 Rn 199).
Nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes kann der Titel daher auf das Kind umgeschrieben werden (OLG Brandenburg FamRZ 1997, 509; Büte/Poppen/Menne, Unterhaltsrecht, 3. Aufl. 2015, § 1629 BGB Rn 8); das Kind kann nunmehr im eigenen Namen vollstrecken.
OLG Hamm, Beschl. v. 23.12.2015 – 2 WF 198/15:
1. Der Eintritt der Volljährigkeit des Kindes verbunden mit dem Wegfall der Vollstreckungsbefugnis ist jedenfalls dann ein zulässiger Einwand im Vollstreckungsabwehrverfahren gegen den die Vollstreckung weiterhin betreibenden Elternteil, wenn der Titel auf Zahlung an den betreuenden Elternteil selbst lautet.
2. (...)
Bei einer Verurteilung zu wiederkehrenden Leistungen ist der von einem Elternteil im Wege der Verfahrensstandschaft erstrittene Titel auf Zahlung von Kindesunterhalt jedenfalls dann in entsprechender Anwendung des § 371 BGB von diesem herauszugeben, wenn dem Kind mittlerweile eine vollstreckbare Teilausfertigung des Titels erteilt worden ist.
b) Gesetzliche Vertretung
Handelt es sich aber um einen Titel, den ein Elternteil als gesetzlicher Vertreter des Kindes erwirkt hat, dann ist Titelinhaber ohnehin das Kind, das nach Eintritt seiner Volljährigkeit selbst vollstrecken muss. Die gesetzliche Vertretung durch den betreuenden Elternteil endet mit der Volljährigkeit des Kindes. Eine Umschreibung des Titels ist jedoch nicht erforderlich, da das Kind bereits als Beteiligter des Verfahrens im Rubrum des Titels steht.
Hinweis:
Nach Eintritt der Volljährigkeit eines Kindes kann auch das Jugendamt nicht mehr als Beistand und damit als gesetzlicher Vertreter des Kindes tätig werden (OLG Brandenburg FamRZ 2006, 1782).
Vollstreckt der Elternteil, der während der Zeit der Minderjährigkeit des Kindes aufgrund der ihm damals zustehenden gesetzlichen Vertretungsmacht einen Unterhaltstitel erwirkt hatte, nach Eintritt der Volljährigkeit weiter, so ist die Lage komplizierter als bei der Verfahrensstandschaft:
Ein Vollstreckungsgegenantrag nach § 120 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 767 ZPO gegen den Elternteil soll ohne Erfolg sein, weil dieser vollstreckende Elternteil nicht Gläubiger des Titels ist (Roßmann, in: Eschenbruch/Schürmann/Menne, a.a.O., Kap. 3 Rn 201; vgl. aber OLG Hamm FamRZ 1992, 843; OLG Köln FamRZ 1995, 308). Ein Vollstreckungsgegenantrag gegen das Kind scheidet aus, weil das Kind nicht vollstreckt (Roßmann, in: Eschenbruch/Schürmann/Menne, a.a.O., Kap. 3 Rn 202).
Jedoch kann der Wegfall der gesetzlichen Vertretungsmacht im Rahmen einer Erinnerung geltend gemacht werden (OLG Nürnberg FamRZ 2010, 1010; vgl. auch Roßmann, in: Eschenbruch/Schürmann/Menne, a.a.O., Kap. 3 Rn 203). Für eine solche Erinnerung ist aber nicht das Familiengericht, sondern das Vollstreckungsgericht zuständig (vgl. §§ 766, 764 ZPO; OLG Nürnberg FamRZ 2010, 1010; vgl. auch Roßmann, in: Eschenbruch/Schürmann/Menne, a.a.O., Kap. 3 Rn 203).