Der Leistungsbescheid – nicht die Vollstreckungsanordnung (Herrlein, in: Fricke/Ott, Verwaltungsrecht in der anwaltlichen Praxis, 2. Aufl. 2005, § 3 Rn 4 m.w.N.) – ist bekanntzugeben, ggf. förmlich zuzustellen (§ 1 Abs. 3 VwZG) und kann mit Widerspruch und Anfechtungsklage angefochten werden.
Wird gegen den Leistungsbescheid ein Rechtsbehelf eingelegt, so kommt diesem gem. § 80 Abs. 1 S. 1 VwGO aufschiebende Wirkung zu. Allerdings entfällt die aufschiebende Wirkung bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten nach § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 VwGO. In diesem Fall kann die Widerspruchsbehörde oder das Verwaltungsgericht auf Antrag gem. § 80 Abs. 5 VwGO die aufschiebende Wirkung anordnen (Herrlein, a.a.O., Rn 5 m.w.N.; vgl. Schriftsatzmuster unter VI. 3.). Unter einer öffentlichen Abgabe i.S.d. § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 VwGO sind neben Steuern, Gebühren und Beiträgen auch sonstige öffentlich-rechtliche Geldforderungen zu verstehen, die von allen erhoben werden, die einen normativ bestimmten Tatbestand erfüllen und zur Deckung des Finanzbedarfs des Hoheitsträgers für die Erfüllung seiner öffentlichen Aufgaben dienen (VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 27.11.2006 – 1 S 1925/06, unter Hinweis auf BVerwG, Urt. v. 17.12.1992 – 4 C 30.90, NVwZ 1993, 1112).
Beispiel:
Ein sog. Beitreibungsbescheid für rückständige Beiträge zu einem Versorgungswerk der Rechtsanwälte zielt auf die Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten i.S.d. § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 VwGO. Bei rückständigen Beiträgen handelt es sich um öffentliche Abgaben, da sie den Zweck haben, den Finanzbedarf des Versorgungswerks als Hoheitsträger für die Erfüllung der ihm zugewiesenen öffentlichen Aufgabe – der Erbringung von Renten- und Versorgungsleistungen an seine Mitglieder – zu decken (VG Köln, Beschl. v. 31.8.2012 – 7 L 917/12 – m.w.N.).
Fiskalische Interessen können (nur) ausnahmsweise ein besonderes öffentliches Interesse an der Anordnung der sofortigen Vollziehung von Kostenbescheiden begründen (OVG Thüringen, Beschl. v. 12.3.2008 – 3 EO 283/07, juris Rn 15; v. 14.2.2008 – 3 EO 837/07, juris Rn 10). Nach der Systematik der VwGO ist grundsätzlich von der in § 80 Abs. 1 VwGO normierten aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs auszugehen und nur in den besonderen Fällen des § 80 Abs. 2 VwGO von deren Entfallen. Die Ausnahmeregel des § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 VwGO, nach der die Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten bereits kraft Gesetzes sofort vollziehbar ist, greift für die in dem angefochtenen Leistungsbescheid geltend gemachte Geldforderung für die durchgeführte Ersatzvornahme nicht. Auch die allgemeine Mittelknappheit stellt allein keinen besonderen Umstand dar, der ausnahmsweise die Anordnung der Vollziehung eines Leistungsbescheids begründen könnte (Bay. VGH, Beschl. v. 26.5.1987 – 27 AS 87.00408, NVwZ 1988, 745; VG Leipzig, Beschl. v. 23.6.2003 – 2 K 873/03, juris Rn 25). Ein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung eines Leistungsbescheids besteht demgegenüber, wenn dessen Verwirklichung (erst nach rechtskräftigem Abschluss des Hauptsacheverfahrens) ernsthaft gefährdet erscheint (Bay. VGH a.a.O.) oder im Falle einer durchzuführenden kostenintensiven Ersatzvornahme oder bei verauslagten Kosten für eine Ersatzvornahme Deckungsprobleme etwa wegen haushaltsmäßig nicht ausreichend verfügbarer Mittel auftreten können.
Die nach § 80 Abs. 3 S. 1 VwGO gebotene schriftliche Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts verlangt eine auf den konkreten Fall abgestellte und nicht lediglich formelhafte Begründung.
Die Art des Rechtsschutzes gegen Vollstreckungsmaßnahmen wird durch den Rechtscharakter der entsprechenden Maßnahme bestimmt. Die Sachpfändung der Verwaltungsbehörde stellt einen mit Widerspruch und Anfechtungsklage angreifbaren Verwaltungsakt dar. Anderen Vollstreckungsmaßnahmen der Verwaltung kann mit den in der ZPO vorgesehenen Rechtsbehelfen begegnet werden, z.B. der Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO).
Praxishinweis:
Zwar umfasst die Anwendung bestimmter, in der ZPO enthaltener Rechtsbehelfe im verwaltungsgerichtlichen Verfahren auch die Vollstreckungsabwehrklage (vgl. Sodan, in: Sodan/Ziekow, a.a.O., § 42 Rn 82). Mit ihr können Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, beim Gericht des ersten Rechtszugs geltend gemacht werden. Die Bestimmungen der ZPO gelten im Verwaltungsprozess indes nur insoweit, als sich aus dessen Grundsätzen nicht etwas anderes ergibt. Wendet sich ein Kläger nicht gegen die Vollstreckung aus einem den Anspruch feststellenden Urteil, sondern gegen die Verwaltungsvollstreckung aus einem bestandskräftigen Bescheid, ist in einem solchen Fall Rechtsschutz nicht über eine Vollstreckungsabwehrklage, sondern mittels allgemeiner Feststellungsklage gem. § 43 VwGO zu suchen. Zudem erfasst die Vollstreckungsabwehrklage gem. § 767 Abs. 2 ZPO nur solche Einwendungen, die nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung in der vorangegangenen Tat...