Zu dem kürzlich vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) vorgelegten Referentenentwurf eines Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts hat die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) im August ihre offizielle Stellungnahme abgegeben. Die BRAK begrüßt die aktuelle Fassung, in die inzwischen – nach zwei vorangegangenen Diskussionsentwürfen – vielfache Überarbeitungen eingegangen sind.
Mit dem jetzt vorliegenden Entwurf, so die Kammer, werde erstmals nach Inkrafttreten vor über 120 Jahren grundlegend das Vormundschafts-, Betreuungs- und Pflegschaftsrecht sowie vereinzelt das Kindschaftsrecht in äußerst begrüßenswerter Weise reformiert. Es sei jetzt zweckmäßig, alle diese Teilgebiete im Zuge einer großen Reform neu zu strukturieren. Die BRAK erhofft sich ein möglichst schnelles Inkrafttreten der Reform, eventuell schon zum 1.1.2022.
Trotz der grundsätzlichen Zustimmung zur aktuellen Fassung des Gesetzentwurfs hat die BRAK aber auch noch eine Reihe von Änderungswünschen. So ist sie der Auffassung, dass der Gesetzgeber den Entwurf noch um weitere Möglichkeiten ergänzen sollte, damit Bürgerinnen und Bürger selbstbestimmter ihre Angelegenheiten regeln können. So plädiert sie u.a. dafür, dass für Eltern die Möglichkeit geschaffen wird, durch letztwillige Verfügung einem Vormund bzw. einem Pfleger den Erhalt einer Vergütung zu ermöglichen. Gerade bei größeren Vermögen müsse es Eltern möglich sein, so qualifizierte Vormünder und qualifizierte Pfleger zu gewinnen. Andernfalls wären sie darauf verwiesen, dem Vormund bzw. dem Pfleger durch Vermächtnis eine Begünstigung zukommen zu lassen, was allerdings im Hinblick auf das Steuerrecht systemwidrig wäre (Vergütungen unterfallen der Einkommensteuer, Vermächtnisse der Erbschaftsteuer). Auch solle bei ehrenamtlicher Betreuung das Selbstbestimmungsrecht der Verfasser einer Betreuungsverfügung insoweit gestärkt werden, dass sie die Möglichkeit bekommen, nicht nur die Person ihres späteren Betreuers zu bestimmen, sondern darüber hinaus aufzunehmen, wie diese Person vergütet werden soll, zumindest in den Fällen, in denen Vermögen vorhanden ist.
Zudem erhebt die BRAK weiterhin erhebliche Bedenken gegen das beabsichtigte Vertretungsrecht von Ehegatten. Die beabsichtigten Regelungen würden Missbrauch zulassen und in der Praxis schwierig anzuwenden sein. So sei im Extremfall denkbar, dass ein Ehegatte in der Hoffnung auf ein schnelles Erbe auf ein Abschalten lebenserhaltender Geräte bei seinem Ehegatten hinwirke. Die im Gesetzentwurf vorgesehenen Vorkehrungen seien unzureichend und unpraktikabel und würden sogar die involvierten Ärzte einem hohen strafrechtlichen Risiko aussetzen. Der Gesetzgeber müsse vor einem Inkrafttreten der Reform hier noch bessere Vorkehrungen gegen Missbrauch treffen.
[Quelle: BRAK]