Mit Kritik haben sie nicht gespart: die Teilnehmer an der im vergangenen Jahr durchgeführten und kürzlich veröffentlichten Vierten bundesweiten Absolvent:innenbefragung. Von "viel vertaner Lebenszeit" wird darin berichtet und Abbrecher bzw. "Durchfaller" sehen sich nach ihrem teils langjährigen, jedoch erfolglosen Jurastudium vor dem "existentiellen Nichts". Allerdings gab es auch etliche Verbesserungsvorschläge seitens der ehemaligen Studierenden und genau darauf zielt die Befragung auch ab: Den Universitäten und zuständigen Ministerien sollen Anregungen zur Verbesserung des Jurastudiums gegeben werden.
Durchgeführt wird die Umfrage regelmäßig vom Bundesverband rechtswissenschaftlicher Fachschaften (BRF) e.V. Hierbei haben alle Studierenden der Rechtswissenschaften in Deutschland, die zumindest den staatlichen Teil der Ersten Juristischen Prüfung absolviert haben, die Möglichkeit, im Rahmen eines umfangreichen Fragebogens ihre Erfahrungen, Eindrücke und Meinungen bzgl. verschiedenster Aspekte der juristischen Ausbildung zu teilen. Wie schon bei den vorangegangenen Umfragen hat auch die aktuelle Erhebung wieder gezeigt, dass die Absolventen im Rückblick einen "enormen Reformbedarf" bei der Ausgestaltung des Studiums sehen.
So sieht sich ein Großteil der Befragten durch das universitäre Studium nicht ausreichend auf das Examen vorbereitet. Daran ändert offenbar auch das Angebot eines universitätseigenen Repetitoriums nichts; nahezu alle Befragten halten bei Jura ein Repetitorium für unverzichtbar, jedoch entschieden sich 59 % lieber für einen kommerziellen Anbieter. Fast zwei Drittel der Teilnehmer halten auch die Stoffmenge für zu hoch; so hätten viele liebend gern etwa auf das Staatshaftungsrecht und das Internationale Privatrecht verzichtet. Besonders erstaunt, dass 77 % der Befragten die Benotung der Prüfungsleistungen für nicht objektiv halten.
Allerdings wurden einige Dinge auch positiv gesehen: So lobten fast zwei Drittel der Umfrageteilnehmer die "Freischussregelung", mit der man die Möglichkeit eines Verbesserungsversuchs im Examen hat. Das auffälligste Ergebnis der jüngsten Umfrage ist jedoch die überwältigende Zustimmung zu einem ins Studium integrierten "Bachelor of Laws". Diese Möglichkeit, zumindest einen Bachelor-Abschluss vorweisen zu können, auch wenn das Jurastudium nicht erfolgreich zu Ende gebracht werden konnte, wurde von 83 % der Befragten befürwortet. Insbesondere diejenigen, die angaben, nach einer nicht bestandenen Prüfung jetzt "vor dem Nichts" zu stehen, plädierten vehement für seine flächendeckende Einführung. Vielleicht wird diese Anregung bald von den zuständigen Ministerien aufgegriffen, denn aktuell verleihen nur wenige deutsche Universitäten den Bachelor-Grad innerhalb des Jurastudiums; i.d.R. wird hierfür mindestens die erfolgreiche Absolvierung der Prüfungen des Grund- und Hauptstudiums sowie des Schwerpunktbereichs gefordert.
Der vollständige Abschlussbericht zur vierten bundesweiten Absolvent:innenbefragung kann auf der Internetseite des BRF unter https://bundesfachschaft.de/2021/07/abschlussbericht-der-absolventinnenbefragung-2020/ eingesehen werden.
[Quelle: BRF]