Dem § 80 Abs. 3 BetrVG werden die folgenden Sätze neu angefügt:
Zitat
„Muss der Betriebsrat zur Durchführung seiner Aufgaben die Einführung oder Anwendung von Künstlicher Intelligenz beurteilen, gilt insoweit die Hinzuziehung eines Sachverständigen als erforderlich. Gleiches gilt, wenn sich Arbeitgeber und Betriebsrat auf einen ständigen Sachverständigen in Angelegenheiten nach Satz 2 einigen.”
Umfasst „KI” die Informations- und Kommunikationstechnologie insgesamt? Im Referentenentwurf zum Betriebsrätemodernisierungsgesetz war noch zugunsten des Betriebsrats vorgesehen, einen Sachverständigen für die gesamte Informations- und Kommunikationstechnik im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG hinzuziehen zu können. Die Änderung und Konzentration dieses Anwendungsbereiches auf die KI wird demgegenüber als Beschränkung des Anwendungsbereichs des neuen § 80 Abs. 3 Satz 2, 3 BetrVG betrachtet (Düwell/Nielebock, Betriebsrätemodernisierungsgesetz: Modernisierung statt Stärkung, jurisPR-ArbR 15/2021 v. 14.4.2021, sub C II).
Hinweis:
Um eine kontinuierliche sachverständige Beratung des Betriebsrats bei größeren KI-Projekten zu ermöglichen, kann und sollte ein Betriebsrat versuchen, gemäß dem neuen § 80 Abs. 3 S. 3 BetrVG einen ständigen Sachverständigen beizuziehen.
Der Gesetzestext macht also eine Erforderlichkeitsprüfung, ob der Betriebsrat sachlich eines Sachverständigen bedarf, nur für die KI entbehrlich, nicht aber pauschal für die gesamte Informations- und Kommunikationstechnologie. Die Arbeitgeberseite befürchtet hier jedoch zusätzliche Kosten und Verzögerungen selbst bei einfach verständlichen Themen rund um die Informations- und Kommunikationstechnologie (BDA, in: Materialien, S. 11). Daher wurde der Vorrang innerbetrieblicher Sachverständiger gefordert (HDE, in: Materialien S. 201). Das ist nach dem Gesetzeswortlaut ohnehin möglich (Fitting a.a.O., § 80 Rn 90). Da sich der Betriebsrat jedoch ein eigenes Bild darüber machen muss, wie die KI sich im Betrieb auswirkt, ist ein externer Sachverständiger zu bevorzugen, da ein innerbetrieblicher Mitarbeiter zum einen dem Arbeitgeber weisungsgebunden ist oder gar selbst für die Einführung und Anwendung von KI Verantwortung trägt. Dann wären Interessenskonflikte für diesen Mitarbeiter vorprogrammiert. Da das Merkmal der Erforderlichkeit regelmäßiges Streitthema im Zusammenhang mit der Einschaltung eines Sachverständigen ist (Fitting a.a.O., § 80 Rn 94; Schulze, Entwurf des Betriebsrätemodernisierungsgesetzes, ArbRAktuell 2021, 211, 213), ist deren gesetzliche Fiktion der Erforderlichkeit für das Themenfeld der KI sinnvoll. Zwar hat man nach einer BAG-Entscheidung zu geeigneten Auskunftspersonen als Betriebsrat auch zu prüfen, ob dies nicht auch ein Betriebsangehöriger sein kann (BAG, Beschl. v. 16.11.2005 – 7 ABR 12/05). In diesem Fall ging es allerdings ”nur” um die Prüfung von Arbeitsvertragsmustern. Das ist von der Bedeutung nicht mit einer die Arbeitswelt umwälzenden Digitalisierung zu vergleichen. Die Datenverarbeitung wird immer komplexer, einzelne, abgrenzbare Systeme werden zunehmend miteinander vernetzt. Diese miteinander verbundene KI als Betriebsrat nachvollziehen zu können, ist weder durch allgemeine Schulungsmaßnahmen noch allein durch einen abhängig agierenden Mitarbeiter zu erreichen.
Dem Arbeitgeber bleibt wegen des weiterhin bestehenden Erfordernisses der „näheren Vereinbarung”, § 80 Abs. 3 S. 1 BetrVG weiterhin ein wesentliches Instrument, die Beauftragung eines Sachverständigen zu beeinflussen, manche befürchten, bewusst zu verzögern. Im letzteren Fall müsste ein Betriebsrat das Arbeitsgericht wegen der Durchsetzung des Sachverständigen anrufen.