Der Implementierung von KI im Betrieb gilt eines der Hauptaugenmerke der Betriebsrätereform. Zum einen wird der Betriebsrat gem. des neuen § 90 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG nun auch über den geplanten Einsatz von KI im Zusammenhang mit Arbeitsverfahren und Abläufen unterrichtet. Für den Betriebsrat gilt die Einschaltung eines Sachverständigen als Berater in KI-Angelegenheiten als erforderlich, § 80 Abs. 3 BetrVG. Das alles fließt zusammen in ein neues Mitbestimmungsrecht gem. § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG zur „Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.”.
1. Zum Begriff der „Künstlichen Intelligenz”
Der Begriff der „KI” ist nicht von vorneherein klar. Das Gesetz wie der Gesetzentwurf mit der Begründung verzichten auf eine Definition. Umfasst „KI” die Informations- und Kommunikationstechnologie insgesamt? Wie muss KI hier interpretiert werden? Eine gängige Beschreibung von KI bezeichnet sie als einen Bereich der Informatik mit vielen Feldern, z.B. „intelligente” bzw. wissensbasierte Systeme, Robotik, Kybernetik, „künstliches Leben”, maschinelles Lernen, Mustererkennung, Deep Learning (Thieltges, Machine Learning Anwendungen in der betrieblichen Mitbestimmungspraxis, Düsseldorf 2020, S. 31; vgl. https://www.imu-boeckler.de/de/faust-detail.htm?sync_id=HBS-007866, Zugriff am 26.5.2021). Das führt noch nicht zu einem eindeutigen Ergebnis. Allerdings wird in der Gesetzesbegründung Bezug genommen auf die am 15.11.2020 von der Bundesregierung beschlossene Strategie „Künstliche Intelligenz”, aus der sich ggf. nähere Rückschlüsse ergeben (BT-Drucks 17/28899, S. 2, 13). In der hierzu veröffentlichten Publikation wird tatsächlich der Begriff der KI, wie ihn die Bundesregierung versteht, näher bestimmt (Bundeswirtschaftsministerium (Hrsg.), Strategie Künstliche Intelligenz der Bundesregierung, November 2018, S. 4 f.; vgl. https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Technologie/strategie-kuenstliche-intelligenz-der-bundesregierung.pdf?__blob=publicationFile&v=10, Zugriff am 26.5.2021). Sie geht dabei von zwei Denkrichtungen aus, der sog. schwachen und der „starken” KI. Die „starke” KI unterstellt, dass KI-Systeme die gleichen intellektuellen Fertigkeiten wie der Mensch erreichen oder ihn darin sogar übertreffen können. Die „schwache” KI ist fokussiert auf die Lösung konkreter Anwendungsprobleme auf Basis der Methoden aus der Mathematik und Informatik, wobei die entwickelten Systeme zur Selbstoptimierung fähig sind. Dazu werden auch Aspekte menschlicher Intelligenz nachgebildet und formal beschrieben bzw. Systeme zur Simulation und Unterstützung menschlichen Denkens konstruiert. Die Bundesregierung orientiert sich an den Positionen der „schwachen” KI: Dabei werden riesige Datenmengen nicht nur maschinell verarbeitet, wie es in der herkömmlichen EDV-Anwendung geschieht. KI zeichnet sich zusätzlich dadurch aus, dass das System bei der Datenverarbeitung selbst ohne den Einfluss von Menschen „lernt”, um etwa nach selbst entwickelten Kriterien Daten zu filtern, Zusammenhänge und Muster zu erkennen und die eigene Datenverarbeitung selbst danach in den folgenden Systemen zunehmend autonom weiter zu entwickeln (aus Bundeswirtschaftsministerium 2018, S. 5):
- Deduktionssysteme, maschinelles Beweisen: Ableitung (Deduktion) formaler Aussagen aus logischen Ausdrücken, Systeme zum Beweis der Korrektheit von Hardware und Software;
- Wissensbasierte Systeme: Methoden zur Modellierung und Erhebung von Wissen; Software zur Simulation menschlichen Expertenwissens und Unterstützung von Experten (ehemals: „Expertensysteme”); zum Teil auch verbunden mit Psychologie und Kognitionswissenschaften;
- Musteranalyse und Mustererkennung: induktive Analyseverfahren allgemein, insb. auch maschinelles Lernen;
- Robotik: autonome Steuerung von Robotik-Systemen, d.h. autonome Systeme;
- Intelligente multimodale Mensch-Maschine-Interaktion: Analyse und „Verstehen” von Sprache (in Verbindung mit Linguistik), Bildern, Gestik und anderen Formen menschlicher Interaktion.
Die Anwendungsbereiche von KI sind mannigfaltig. Sie finden sich im Militär, im Gesundheitswesen, Cyberkriminalität etc. Auf der hier interessierenden betrieblichen Ebene kann KI z.B. im Bereich der Personalauswahl, Leistungskontrollen von Mitarbeitern, für geänderte Arbeitsabläufe etc. eingesetzt werden (Bundeswirtschaftsministerium, S. 28 f.). Hier ist der Begriff der KI wegen ihrer besonderen Fähigkeit, sich auf der Basis der Datenauswertung selbstständig weiter zu entwickeln, daher in einem spezielleren Sinn zu verstehen, als „die” technischen Einrichtungen i.S.d. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Tatsächlich ist aus der sprachlichen wie der historischen Auslegungsmethode die KI als Teilbereich der Informations- und Kommunikationstechnik im Sinne der o.a. Regierungsstrategie zu verstehen. Es ist zu hoffen, dass diese Abgrenzung trennscharf genug ist, um langwierige Diskussionen darüber zu vermeiden, ob ein Fall der allgemeinen Informationstechnologie oder der KI vorliegt, für die der Betriebsrat z.B. eines Sac...