Streitige Sorge- und Umgangsrechtsverfahren gehören zu den speziellen Herausforderungen für den familienrechtlich tätigen Anwalt.
Materielles Recht ist hier intensiv mit verfahrensrechtlichen Aspekten verwoben. Neben juristischen Spezialkenntnissen ist aber gerade in Kindschaftsverfahren auch die Fähigkeit gefragt, zuzuhören; es wird großes Einfühlungsvermögen und Fingerspitzengefühl benötigt, aber auch viel Zeit! Jedoch bieten die geringen Verfahrenswerte meist keinen angemessenen Ausgleich für den bei einer professionellen Sachbehandlung erforderlichen Aufwand.
Hinweis:
Wichtig ist daher, dass der beratende Anwalt seine professionelle Grundeinstellung nicht verliert und den nötigen Abstand behält zu dem subjektiven, vielfach sehr emotional gefärbten und oft auch sehr einseitigen Blickwinkel der Eltern. Oft besteht nur ein schmaler Grat zwischen sachgerechter anwaltlicher Interessenwahrnehmung und einer unkritischen Instrumentalisierung durch die eigene Partei.
Ziel aller Maßnahmen muss es daher sein, die vorhandenen Konflikte abzubauen und die Eltern unterstützend in die Lage zu versetzen, die mit den Kindern zusammenhängenden Fragen – auch bei Meinungsverschiedenheiten in anderen Bereichen – auf Dauer eigenständig und damit ohne anwaltliche und gerichtliche Hilfe zu regeln.
Praxistipp:
Es gilt also die Grundregel: Eine Deeskalation ist gefordert, nicht weitere Eskalation!
Dabei sind Sorge- und Umgangsrechtsverfahren v.a. auch als dynamische Entwicklungen zu verstehen, die nicht zwingend im ersten gerichtlichen Termin abschließend entschieden werden müssen, sondern die von allen Beteiligten aktiv gestaltet und nach und nach positiv gestaltet werden können. Besser als eine vorschnelle, aber schlechte endgültige Entscheidung ist demnach eine gute – also von den Beteiligten akzeptierte – Übergangslösung, die anschließend zu einer dauerhaften Lösung fortentwickelt werden kann!
Hinweise:
- In der Praxis ist die frühzeitige Einschaltung des Jugendamtes sehr hilfreich, da oft bereits eine erfolgreiche Vermittlung durchgeführt und ein einvernehmlicher Vorschlag der Eheleute vorbereitet wird.
- Im Ergebnis ist es auch wenig sinnvoll, mit großem Einsatz eine noch so gut begründete und formaljuristisch korrekte Entscheidung des Gerichts zu erstreiten, die aber letztlich absolut nutzlos bleibt, weil die Beteiligten sie nicht akzeptieren.