Tenor
1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Potsdam vom 27.11.2020 - 460 F 150/19 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 4.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Senat entscheidet ohne erneute mündliche Anhörung der Beteiligten (§ 68 Abs. 3 S. 2 FamFG). Die Beteiligten und das anzuhörende Jugendamt hatten Gelegenheit, ihre tatsächlichen Behauptungen und Rechtsansichten schriftlich darzulegen. Es ist nicht ersichtlich, zu welchen weiteren Erkenntnissen eine erneute Anhörung im Beschwerdeverfahren führen könnte.
Der Senat hat die Akten des Amtsgerichts Potsdam 460 F 179/18 (Verfahren der einstweiligen Anordnung gem. §§ 1, 2 GewSchG), 460 F 212/18 (Kindschaftsverfahren betreffend die elterliche Sorge für die weiteren Kinder der Eltern, M...-R... und R...-O... A...), 460 F 51/19 F (Kindschaftsverfahren betreffend eines Teilbereichs der elterlichen Sorge für L...-N...), 460 F 133/20 (Kindschaftsverfahren der einstweiligen Anordnung betreffend das Aufenthaltsbestimmungsrecht für L...-N...), 460 F 312/20 (Kindschaftsverfahren der einstweiligen Anordnung betreffend das elterliche Umgangsrecht mit L...-N...) zu Informationszwecken beigezogen.
II. Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist gem. §§ 58 ff. FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig; insbesondere ist sie innerhalb der einmonatigen Beschwerdefrist des § 63 Abs. 1 FamFG beim zuständigen Gericht eingelegt worden.
In der Sache hat das Rechtsmittel, mit dem die Antragsgegnerin erreichen will, dass unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung der Antrag des Antragstellers, ihm das Sorgerecht für die gemeinsame minderjährige Tochter L...-N... zu übertragen, abgewiesen wird, es mithin bei dem gemeinsamen Sorgerecht verbleibt, keinen Erfolg.
Das Amtsgericht hat zu Recht und mit zutreffenden Gründen festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 1671 Abs. 1 Nr. 2 BGB für die Aufhebung des gemeinsamen Sorgerechts und die Übertragung auf den Antragsteller vorliegen.
Leben die ganz oder in Teilbereichen gemeinsam sorgeberechtigten Eltern, wie hier, nicht nur vorübergehend getrennt, überträgt das Gericht gem. § 1671 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf Antrag - auch ohne die Zustimmung des anderen Elternteils - einem von ihnen die elterliche Sorge bzw. Teile hiervon, wenn dies dem Kindeswohl am besten entspricht. Das Gesetz beruht auf der Annahme, dass die gemeinsame elterliche Sorge grundsätzlich den Bedürfnissen des Kindes nach Beziehungen zu beiden Elternteilen entspricht (BT-Drs. 17/11048, 12; BGH, NJW 2016, 2497). Daraus ergibt sich das gesetzliche Leitbild, dass grundsätzlich beide Eltern die gemeinsame elterliche Sorge für ein Kind tragen sollen, wenn keine Gründe vorliegen, die hiergegen sprechen (BT-Drs. 17/11048, 17, BGH, a.a.O.). Nach § 1697a BGB ist vorrangiger Maßstab für die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge gem. § 1671 Abs. 1 S. 2 Ziff. 2 BGB - wie auch für deren Begründung gem. § 1626a BGB - das Kindeswohl (BT-Drs. 17/11048, 14, BGH, a.a.O.). Unabhängig vom Kindeswohl ist dem Fortbestand der gemeinsamen Sorge kein Vorrang vor der Alleinsorge eines Elternteils eingeräumt.
Voraussetzung für die Aufrechterhaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge ist deshalb grundsätzlich - und auch der Senat hat dies wiederholt ausgesprochen - eine auch nach der Trennung fortbestehende Fähigkeit und Bereitschaft der Eltern zur Kooperation in den das gemeinsame Kind betreffenden Belangen, setzt also grundsätzlich insoweit eine tragfähige soziale Beziehung auf der Elternebene zwischen ihnen, mithin auch eine grundsätzliche Konsensfähigkeit und -bereitschaft voraus (BVerfG, NJW-RR 2004, 577).
Wie in der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt, ist hiervon bei den Eltern, deren Verhältnis auch drei Jahre nach Ihrer letzten Trennung von großem Misstrauen und einem hohen Konfliktpotenzial gekennzeichnet ist, nicht auszugehen.
Ihre fehlende Einigungsfähigkeit erfasst sämtliche Bereiche der elterlichen Sorge, was bereits durch die zahlreichen zwischen ihnen geführten Verfahren belegt ist. Selbst die Kommunikation der Eltern über einzelne Aspekte des im Übrigen gerichtlich geregelten Umgangs oder über Schulangelegenheiten, den gewöhnlichen Aufenthalt und die Gesundheitssorge konnte weitestgehend nur unter Zuhilfenahme ihrer Anwälte erfolgen. Meinungsverschiedenheiten hierüber hatten immer wieder gerichtliche Verfahren zur Folge.
Es ist deshalb auch nicht damit zu rechnen, dass die Eltern in absehbarer Zeit in der Lage sein werden, auch nur über einzelne Bereiche der elterlichen Sorge miteinander im Interesse ihres Kindes Einigkeit zu erzielen, wobei es unerheblich ist, welcher Elternteil die Verantwortung für die fehlende Verständigungsmöglichkeit trägt (BGH, FamRZ 2008, 592, Rn. 15). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Antragsgegnerin erstmals im Beschwerdeverfahren dem "derzeitigen" Aufenthalt der Tochter im väterlichen Haushalt "in der jetzigen familiären Situation" zugesti...