Leitsatz (amtlich)
Die Möglichkeit der Erteilung von Vollmachten ist schon grundsätzlich kein geeignetes milderes Mittel zur Konfliktvermeidung zwischen um die Sorge streitende Eltern.
Verfahrensgang
AG Eberswalde (Aktenzeichen 3 F 71/19) |
Tenor
Die Beschwerde der Mutter gegen den Beschluss des Amtsgerichts Eberswalde vom 2. Juli 2019 - Az. 3 F 71/19 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Mutter zu tragen.
Der Beschwerdewert wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
1. Das Amtsgericht Eberswalde hat mit Beschluss vom 2. Juli 2019 das - über die Trennung der beteiligten Eltern im Jahr 2014 hinaus fortbestehende - gemeinsame elterliche Sorgerecht für den am ... 2012 nichtehelich geborenen und im väterlichen Haushalt betreuten X für die Teilbereiche Gesundheitssorge, Vermögenssorge und die Vertretung des Kindes in Rechts- und Behördenangelegenheiten aufgelöst und auf den dies beantragenden Vater allein übertragen.
Gegen diese ihr am 6. Juli 2019 zugestellte Entscheidung wendet sich die Mutter mit ihrer am 6. August 2019 beim Amtsgericht eingegangenen Beschwerde, mit der sie (wohl) die ersatzlose Aufhebung des Beschlusses erstrebt. Sie rügt, es fehle an den Voraussetzungen für einen Entzug wesentlicher Teile des Sorgerechts. Sie konzediert eine problematische Kommunikation zwischen den Eltern in Angelegenheiten des Kindes, meint aber, es gebe keinen Streit in Rahmen der elterlichen Sorge; notfalls müsse zu strittigen Sorgerechtsfragen im Einzelfall eine gerichtliche Entscheidung herbeigeführt werden.
2. Die Beschwerde der Mutter ist gemäß §§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 1 FamFG statthaft sowie form- und fristgerecht gemäß §§ 63 Abs. 1, 64 Abs. 1 und 2, 65 Abs. 1 FamFG eingelegt worden.
In der Sache selbst bleibt das Rechtsmittel jedoch aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die die Beschwerde - worauf der Senat bereits unter dem 22. August 2019 hingewiesen hat - nicht tauglich in Zweifel zieht, ohne Erfolg. Auch der weitere Schriftsatz der Mutter vom 26. September 2019 trägt die begehrte Abänderung der Entscheidung nicht.
Nach § 1671 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 2 BGB ist dem Antrag eines Elternteils auf Übertragung der elterlichen Sorge insgesamt oder in einzelnen Teilbereichen stattzugeben, wenn zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht. Der Fortbestand der gemeinsamen elterlichen Sorge setzt voraus, dass zwischen den Eltern in den wesentlichen Sorgerechtsbereichen ein Mindestmaß an Übereinstimmung, eine grundsätzliche Konsensfähigkeit und insgesamt eine tragfähige soziale Beziehung besteht (BVerfGE 107, 150; FamRZ 2004, 354; BGH FamRZ 2008, 592; 2011, 796; 2016, 1439 - jeweils zitiert nach juris). Kooperationsfähigkeit und Kooperationsbereitschaft sind unabdingbare Voraussetzung für ein elterliches Zusammenwirken in der Wahrnehmung der Verantwortung für die Kinder. Fehlt es hieran, weil die Eltern zur Kooperation weder bereit noch in der Lage sind, kann dies einer gedeihlichen gemeinsamen Sorge abträglich sein, weil nicht gewährleistet ist, dass die Ausübung der gemeinsamen Sorge hinreichend konfliktfrei verläuft. Die gemeinsame elterliche Sorge ist danach aufzulösen, wenn eine schwerwiegende und nachhaltige Störung auf der Kommunikationsebene der Eltern vorliegt, die befürchten lässt, dass den Eltern eine gemeinsame Entscheidungsfindung nicht möglich sein wird und das Kind folglich in seiner Beziehungsfähigkeit beeinträchtigt, erheblich belastet und unter Umständen sogar in seiner Entwicklung gefährdet wird (BVerfGE 127, 132; BGH FamRZ 2016, 1439). Die Feststellung einer konkreten Kindeswohlgefährdung (im Sinne von § 1666 BGB) ist dagegen nicht Voraussetzung für die Auflösung des gemeinsamen elterlichen Sorgerechts nach § 1671 Abs. 1 BGB.
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Amtsgericht zu Recht die gemeinsame elterliche Sorge für die hier in Rede stehenden Teilbereiche aufgelöst. Den Eltern fehlt das zu fordernde Mindestmaß an Wille und /oder Fähigkeit, konzentriert auf die Belange des gemeinsamen 7-jährigen Sohnes Ben ins Gespräch zu kommen und lösungsorientiert zu einer angemessen zügigen Entscheidung zu finden. Zwischen den Eltern besteht - fünf Jahre nach der Trennung und trotz Neugründung eigener Familien auf beiden Seiten - aktuell keinerlei tragfähige Kommunikation; nicht einmal der Schriftverkehr wird direkt ausgetauscht, sondern über die Anwälte. Das Amtsgericht hat die konfliktgeladene Gestaltung des "Austauschs" der Eltern über Belange von Ben in der angefochtenen Entscheidung ebenso eindrucksvoll wie zutreffend beschrieben. Die Mutter räumt in ihrer Beschwerde(begründungs)schrift vom 6. August 2019 selbst - eher euphemistisch - ein, dass die Kommunikation der Eltern "problematisch" ist, wie sich - in der Tat - zwanglos aus dem in der Akte befindlichen Schriftverkehr ergibt: Selbst über die Unterschrift auf dem Schulzeugnis ...