a) Tatbestand (Cannabis)
Nach § 24a Abs. 2 StVG in der bisherigen Fassung handelt ordnungswidrig, wer unter der Wirkung eines der in der Anlage zu der Vorschrift genannten berauschenden Mittels im Straßenverkehr ein Kfz führt, wobei eine solche Wirkung vorliegt, wenn eine in dieser Anlage genannte Substanz im Blut nachgewiesen wird (näher Deutscher, VRR 2011, 8). Anders als bei den Straftatbeständen der §§ 315c Abs. 1 Nr. 1a, 316 StGB genügt nicht jedes berauschende Mittel zur Erfüllung des Tatbestands, sondern nur die in der Anlage zu der Vorschrift aufgeführten Mittel bzw. Wirkstoffsubstanzen, zu denen auch Cannabis bzw. THC zählt. Grenzwerte werden anders als bei der Alkoholfahrt nach § 24a Abs. 1 StVG nicht vorgegeben. Die hiernach vom Tatbestand her geltende Nullwertgrenze hat das BVerfG (NJW 2005, 349 = VRR 2005, 34 [Lorenz]) relativiert. Die Vorschrift sei im Wege der verfassungskonformen Auslegung dahin zu verstehen, dass nicht jeder Nachweis eines berauschenden Mittels (hier THC) im Blut des Betroffenen für die Tatbestandserfüllung ausreicht. Es müsse vielmehr eine Konzentration festgestellt werden, die es als möglich erscheinen lässt, dass der Verkehrsteilnehmer in seiner Fahrtüchtigkeit eingeschränkt war. Dies setze eine THC-Konzentration deutlich oberhalb des Nullwerts voraus.
Die OLG haben diese Entscheidung des BVerfG umgesetzt und dabei auf die sog. analytischen Grenzwerte abgestellt, die von der Grenzwertekommission empfohlen werden. Bei Cannabis wurde dieser Wert auf 1 ng/ml festgelegt (etwa OLG Hamm, Beschl. v. 3.5.2005 – 4 Ss OWi 215/05, NJW 2005, 3298 = VRR 2005, 196 [Lorenz]; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 29.1.2007 – 3 Ss 205/06, NZV 2007, 248 = VRR 2007, 273 [Böhm]; OLG Celle, Beschl. v. 9.12.2008 – 322 SsBs 247/08, NZV 2009, 89). Mehrheitlich haben die OLG dies allerdings nicht als zwingenden Grenzwert, sondern lediglich als Richtwert verstanden, der nicht ausschließt, auch bei einer geringeren Konzentration eine „Wirkung” i.S. einer eingeschränkten Fahrtüchtigkeit etwa bei drogenbedingten Ausfallerscheinungen anzunehmen (OLG Hamm, Beschl. v. 19.3.2007 – 2 Ss OWi 91/07, NZV 2007, 248; OLG Bamberg, Beschl. v. 27.2.2007 – 3 Ss OWi 688/2005, DAR 2007, 272, 274 m. Anm. Krause = VRR 2007, 270 [Gieg]).
b) Auffangfunktion
Der Drogenfahrt nach § 24a Abs. 2 StVG kommt eine besondere Auffangfunktion (§ 21 Abs. 1 S. 1 OWiG) gegenüber den Straftatbeständen der §§ 315c Abs. 1 Nr. 1a, 316 StGB zu. Seit BGHSt 44, 219 (= NJW 1999, 226) ist anerkannt, dass gegenwärtig bei Drogenfahrten eine absolute Fahruntüchtigkeit i.S. dieser Strafnormen mangels entsprechender, wissenschaftlich abgesicherter Wirkstoffgrenzwerte anders als beim Alkoholkonsum nicht bestimmbar ist. Für die hiernach als einzig möglich verbleibende relative Fahruntüchtigkeit bedarf es neben der Feststellung des Drogenkonsums zusätzlich des Vorliegens drogenbedingter Ausfallerscheinungen. Diese können zum einen drogenbedingte Fahrfehler sein, zum anderen psycho-physische Auswirkungen des Drogenkonsums, sofern sie unmittelbar zur Fahrunsicherheit führen und nicht lediglich allgemeine Merkmale der Wirkung des Drogenkonsums sind. Der Nachweis einer drogenbedingten Fahrunsicherheit i.S.v. § 316 StGB kann nicht allein durch einen bestimmten Blutwirkstoffbefund geführt werden. Es bedarf weiterer aussagekräftiger Beweisanzeichen, die im konkreten Einzelfall belegen, dass die Gesamtleistungsfähigkeit des Kfz-Führers so weit herabgesetzt war, dass er nicht mehr fähig gewesen ist, sein Fahrzeug im Straßenverkehr eine längere Strecke, auch bei Eintritt schwieriger Verkehrslagen, zu steuern.
Das können etwa sein:
- glasige, gerötete Augen,
- die Notwendigkeit, Anordnungen mehrfach zu wiederholen,
- Unsicherheiten beim Finger-Finger-Test.
Dies hat das Tatgericht anhand einer Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände zu beurteilen. Die Anforderungen an Art und Ausmaß drogenbedingter Ausfallerscheinungen können umso geringer sein, je höher die im Blut festgestellte Wirkstoffkonzentration ist (BGH, Beschl. v. 2.8.2022 â^’ 4 StR 231/22, NStZ 2022, 741 = NZV 2022, 572 m. Anm. Ternig = DAR 2022, 643 = VRR 10/2022, 14 = StRR 12/2022, 20 [jew. Burhoff], aktuell BGH, Beschl. v. 24.4.2024 – 4 StR 90/24). Eingedenk dieser Anforderungen bei den Straftatbeständen kommt der bußgeldrechtlichen Ahndung von Drogenfahrten eine gesteigerte Bedeutung zu.
c) Rechtsfolge
Als Rechtsfolge der Drogenfahrt droht nach Nr. 241–242.2 Bußgeldkatalog-Verordnung (BKatV) eine Geldbuße bei Fahrlässigkeit bis 1.500 EUR, bei Vorsatz (§ 24a Abs. 4 StVG a.F., § 1 Abs. 2 BKat) bis zu 3.000 EUR, gestaffelt nach der Anzahl von einschlägigen Vorbelastungen oder solcher nach §§ 315c Abs. 1 Nr. 1a, 316 StGB. Wird eine solche Geldbuße verhängt, so ist nach § 25 Abs. 1 S. 2 StVG i.d.R. auch ein Fahrverbot anzuordnen. Dessen Dauer beträgt nach § 4 Abs. 3 BKat i.V.m. Nr. 241–241.2 BKatV einen Monat beim Ersttäter und drei Monate beim Wiederholungstäter.