Das Tragen des Kopftuchs als religiöses Symbol ist auch für andere Berufsgruppen von Bedeutung.
1. Rechtsanwälte
Der Rechtsanwalt ist ein unabhängiges Organ der Rechtspflege, § 1 BRAO. Er übt einen freien Beruf aus, § 2 Abs. 1 BRAO. Dies sahen in der Vergangenheit nicht alle Gerichte so. Zwischen Februar 2011 und April 2013 störten sich dreimal verschiedene Richter und Richterinnen am LG Berlin an einer Kopftuch tragenden Rechtsanwältin, einmal am AG Tiergarten. Der Präsident der Rechtsanwaltskammer Berlin, Dr. Marcus Mollnau, sah sich deshalb veranlasst, in einer Presseinformation vom 15.9.2013 darauf hinzuweisen, dass Rechtsanwältinnen, die aus religiösen Gründen ein Kopftuch tragen, mit Kopftuch vor Gericht auftreten dürfen. Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte üben einen freien Beruf aus. Sie sind keine Organe des Staates, sondern unabhängige Organe der Rechtspflege und allein den Interessen ihrer Mandantinnen und Mandanten verpflichtet. Im Gegensatz zu z.B. Staatsanwältinnen und Berufsrichterinnen sind Anwältinnen auch nicht gesetzlich zu religiöser Neutralität verpflichtet.
2. Ehrenamtliche Richter
Der Ausschluss einer Schöffin von der Hauptverhandlung bzw. die Streichung von der Schöffenliste wegen Tragens eines Kopftuchs war Gegenstand verschiedener Entscheidungen.
Das LG Dortmund sah in dem Tragen eines Kopftuchs in der Hauptverhandlung eine Verletzung des notwendigen Eindrucks der Unparteilichkeit, Objektivität und Neutralität des Gerichts. Darüber hinaus stehe der Demonstration dieser Weltanschauung die Würde des Gerichts als Organ dieses Staates und seiner Gesellschaft entgegen (NJW 2007, 3013 f.).
Demgegenüber stellt das LG Bielefeld fest, dass das Gesetz keine Kleiderordnung für Schöffen enthalte. Es bleibe eine Frage des Einzelfalls, ob Beteiligte eines Strafverfahrens aus ihrer Sicht und unter Berücksichtigung des Verfahrensgegenstands Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der Schöffen hegen und gegebenenfalls ein Ablehnungsgesuch anbringen (NJW 2007, 3014).
Das KG Berlin ist der Auffassung, aus § 32 GVG im Wege einer verfassungskonformen Auslegung, die Unfähigkeit einer ein Kopftuch tragenden Muslimin, das Schöffenamt zu bekleiden, abzuleiten, verbiete sich schon deshalb, weil es im Falle eines Eingriffs in ein vorbehaltlos gewährleistetes Grundrecht einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Grundlage bedarf (vgl. BVerfGE 108, 282, 297; BVerfG, NJW 2008, 2568, 2570; Groh NVwZ 2006, 1023, 1026). Das der Schöffen zur Seite stehende Grundrecht der Religionsfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 S. 2 GG garantiere, dass der Einzelne sein gesamtes Verhalten an den für ihn verbindlichen Glaubenslehren ausrichten kann (BVerfGE 32, 98, 106), wozu auch die religiös motivierte Gestaltung des äußeren Erscheinungsbildes durch Kleidung gehört (BVerfGE 108, 282, 297). Soweit eine Schöffin in der Hauptverhandlung ein Kopftuch trage, liege dies also im unmittelbaren Schutzbereich des von der Verfassung vorbehaltlos gewährten Grundrechts auf Religionsfreiheit. Eine Einschränkung dieses Grundrechts, welche mit dem Ausschluss vom Schöffenamt verbunden gewesen wäre, wäre somit nur aufgrund eines hinreichend bestimmten Gesetzes möglich, das insoweit nicht vorliege (KG, Urt. v. 9.10.2012 – 121 Ss 166/12 (120/12), StraFo 2013, 164).
Bader (Die Kopftuch tragende Schöffin, NJW 2007, 2964, 2966) kommt ebenfalls zu dem Ergebnis, dass eine Schöffin ("Für die ehrenamtlichen Richter der anderen Gerichtsbarkeiten gelte Gleiches."), die aus religiösen Gründen ein Kopftuch in der Hauptverhandlung tragen will, weder nach § 176 GVG ausgeschlossen noch von der Schöffenliste gestrichen werden kann. Auch eine Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit allein wegen des Tragens eines Kopftuches scheide in aller Regel aus. Eine gesetzliche Neuregelung, nach der es durchweg untersagt wäre, in der Hauptverhandlung religiös motivierte Kleidung zu tragen, wäre verfassungswidrig, weil dies die Betroffenen in ihren Rechten aus Art. 4 Abs. 1 und 2 und Art. 33 Abs. 3 GG verletzen würde.
3. Richter
Für Richter gelten wiederum andere Voraussetzungen. Die Literatur geht (noch) mehrheitlich davon aus, dass das Kopftuchtragen im Dienst verboten ist. Angenommen wird, dass für die Rechtsprechung ein striktes Neutralitätsgebot gelte. Hier trete der Staat den Bürgern als Hoheitsträger gegenüber und mache von seinem Gewaltmonopol Gebrauch. Jede staatliche Bezugnahme auf die Religion lasse auf eine religiöse Hoheitsausübung schließen und verletze das Vertrauen der Bürger in die Gerichtsbarkeit als "Heimstatt aller Bürger". Bei der Rechtsprechung handele es sich nicht wie bei der Schule um einen ursprünglich gesellschaftlichen Bereich, den der Staat in seine Obhut genommen habe. Hier sollten staatlicher und weltanschaulich-religiöser Bereich deshalb strikt voneinander getrennt sein. Religiöse Bezüge seien aus der Rechtsprechung auszugrenzen, ( www.humanistische-union.de/nc/themen/srw/symbole/kopftuch_detail/back/religioese-symbole/article/richterinnen-mit-kopftuch/ m.w.N).
Da die Richterschaft ein personifizierter Teil de...