Beschwerde des Landes gegen Kopftuch-Urteil nicht angenommen

Das Land Berlin darf Lehrerinnen nicht pauschal das Tragen von Kopftüchern verbieten. Das Bundesverfassungsgericht hat eine Beschwerde des Landes Berlin gegen ein entsprechendes Urteil des Bundesarbeitsgerichts nicht zur Entscheidung angenommen. 

Diese Entscheidung traf das Bundesverfassungsgericht bereits am 17. Januar, teilte ein Sprecher des Karlsruher Gerichts am 1. Februar 2023 mit.

Neutralitätsgesetz steht in Frage

Damit steht das umstrittene Neutralitätsgesetz, in dem auch das Kopftuchverbot verankert ist, in Frage. Es untersagt Lehrkräften und anderen Pädagogen an öffentlichen Berliner Schulen das Tragen religiöser Symbole im Dienst. Das kann ein Kopftuch sein, aber auch ein Kreuz oder eine Kippa.

Bereits im August 2020 hatte das Bundesarbeitsgericht die Regelung in Frage gestellt. Einer Muslimin, die wegen ihres Kopftuches nicht in den Schuldienst übernommen worden war, sprach das Gericht eine Entschädigung von rund 5.159 Euro zu, weil sie wegen ihrer Religion diskriminiert worden sei. Es bestätigte damit eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts vom November 2018, gegen die das Land in Revision gegangen war.

Justizsenatorin kündigt Änderung des Neutralitätsgesetzes an

Aus Sicht von Berlins Justizsenatorin Lena Kreck (Linke) muss das Neutralitätsgesetz, das Lehrerinnen pauschal das Tragen von Kopftüchern verbietet, möglichst bald geändert werden. «Dass die Kritik hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des Berliner Neutralitätsgesetzes berechtigt ist, hat nun das Bundesverfassungsgericht bestätigt», sagte Kreck. «Damit muss das Neutralitätsgesetz Berlins umgehend angefasst werden.»

«Ein pauschales Kopftuchverbot für Pädagoginnen wird es in Berlin in Zukunft nicht mehr geben», erklärte Kreck. «Auch die anderen im Neutralitätsgesetz geregelten Bereiche werden überprüft werden müssen.» Das gelte auch für die Justiz. «Über das Kopftuchverbot werden in der Einwanderungsgesellschaft Menschen ausgegrenzt und rassistisch konnotierte Zuschreibungen verstärkt.»

Berliner CDU fordert Weiterentwicklung des Neutralitätsgesetzes

Die CDU-Fraktion hält das Neutralitätsgesetz hingegen im Grundsatz weiter für richtig. «Es kann nicht geduldet werden, wenn religiöse Symbole wie das islamische Kopftuch in staatlichen Einrichtungen demonstrativ zur Schau gestellt werden. Das würde den Frieden und Zusammenhalt in unserer Gesellschaft gefährden», sagte die kirchenpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, Cornelia Seibeld.

«Im Gegensatz zu Grünen, Linken und leider auch Teilen der SPD stehen wir weiter zum Ziel des Berliner Neutralitätsgesetzes.» Es sei der Koalition von SPD, Grünen und Linken über Jahre nicht gelungen, eine gemeinsame Linie zum Berliner Neutralitätsgesetz zu finden. Insofern könne die Zurückweisung nicht überraschen, so Seibeld. «Wir sehen diese Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts als klaren Auftrag, dieses Gesetz so fortzuentwickeln, dass es rechtssicher wird.»

Lesen Sie hierzu auch: BAG-Urteil 2020: Berliner Kopftuchverbot in Schulen ist verfassungswidrig 

dpa