Art. 2 Buchst. j VO bestimmt unter dem Begriff "Nichtbeförderung" die Weigerung, Fluggäste zu befördern, obwohl sie über eine bestätigte Buchung für den betreffenden Flug verfügen (Art. 3 Abs. 2 Buchst. a VO) und sich rechtzeitig zur angegebenen Zeit am Flugsteig eingefunden haben. Liegen in der Person des Reisenden im Zusammenhang mit der Gesundheit (s. hierzu AG Bad Homburg RRa 2003, 178 [Thrombose-Gefahr beim Fluggast]) oder der allgemeinen oder betrieblichen Sicherheit vertretbare Gründe zur Weigerung der Beförderung nicht vor, hat das ausführende Luftfahrtunternehmen unverzüglich Ausgleichsleistungen gem. Art. 7 und Unterstützungsleistungen gem. Art. 8 und 9 VO zu erbringen (vgl. Art. 4 Abs. 3 VO). Kann der Reisende nur unzureichende Reiseunterlagen vorzeigen, ist die Nichtbeförderung vertretbar, Art. 2 Buchst. j VO.
Hauptfall der Nichtbeförderung ist die Überbuchung des Fluges (vgl. AG Frankfurt/M. RRa 2008, 93; LG Düsseldorf RRa 2008, 45). Hierzu soll nach Entscheidungen deutscher Instanzgerichte auch der Fall einer Umbuchung gehören, wenn einer von mehreren Reiseabschnitten so verspätet durchgeführt worden ist, dass der Fluggast seinen Anschlussflug verpasst hätte (LG Berlin RRa 2008, 42; OLG Hamburg RRa 2008, 139). Die Nichtbeförderung schließt jedoch nicht den Fall eines verpassten Anschlussfluges infolge eines verspäteten Zubringerfluges ein, wenn der Zubringerflug, auch wenn er Teil des gebuchten Fluges war, aus betrieblichen Gründen zu spät am Anschlussflughafen ankommt (BGH RRa 2008, 179).
Die Ausgleichszahlungen werden nach Art. 7 Abs. 1 der VO wie folgt gestaffelt:
- 250 EUR für Flüge bis 1.500 km Entfernung,
- 400 EUR für innergemeinschaftliche Flüge von mehr als 1.500 km,
- 400 EUR für internationale Flüge zwischen 1.500 und 3.500 km,
- 600 EUR für weitere Entfernungen.
Hinweis:
Das Flugunternehmen kann die jeweiligen Ausgleichszahlung um 50 % reduzieren, wenn es einen Alternativflug anbietet, der entsprechend der o.g. Entfernungen nicht später als zwei, drei oder vier Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit am Endziel des Fluggastes eintrifft.
Neben der Ausgleichszahlung hat das Flugunternehmen – nach Wahl des Fluggastes – die Flugscheinkosten vollständig zu erstatten oder eine anderweitige Beförderung zum Endziel des Reisenden zu beschaffen, Art. 8 VO. Wird der Fluggast zu einem anderen als den vorgesehenen Zielflughafen befördert, sind die Kosten der Beförderung und des notwendigen Transfers zum Zielflughafen vom Unternehmen zu tragen, Art. 8 Abs. 3 VO.
Der Fluggast ist weiter nach Art. 9 VO bei einer Nichtbeförderung unentgeltlich und angemessen im Verhältnis zur Wartezeit mit Mahlzeiten, Erfrischungen oder auch Übernachtungsmöglichkeiten zu betreuen.
Das Luftfahrtunternehmen wird nach Art. 4 Abs. 1 VO angehalten, Freiwillige des betroffenen Fluges zu finden, die auf die Beförderung verzichten. Neben den Betreuungsleistungen aus Art. 8 VO (Rückzahlung Flugscheinkosten oder Alternativflug) kann das Unternehmen dem Freiwilligen weitere Ausgleichsleistungen anbieten. Wird der Freiwillige jedoch nicht zutreffend über seine Ansprüche und v.a. über den Verlust der Mindestzahlungen aus Art. 7 VO durch den freiwilligen Rücktritt von der Beförderung aufgeklärt, kann der Fluggast diese Ansprüche später noch geltend machen.
Erfolgt eine Flugverlegung (keine Flugverzögerung oder Annullierung) durch das Luftfahrtunternehmen oder auch durch den Reiseveranstalter einer Pauschalreise, hat der Fluggast/Pauschaltourist Anspruch auf die Ausgleichszahlungen nach Art. 7 VO (AG Rüsselsheim RRa 2006, 92; AG Düsseldorf RRa 2007, 38).