Bei den (einfachen) Brücken-/Videoabstandsmessverfahren wird ein Abstandsverstoß lediglich anhand einer Videoaufzeichnung dokumentiert und nicht mit einer mittels geeichten Charaktergenerators generierten Zeitenmessung synchronisiert. Dieses Messverfahren ist – im Gegensatz zum VAMA- oder ViBrAM-Brückenabstandsmessverfahren (s.u.) – kein standardisiertes Messverfahren im Sinne der BGH-Rechtsprechung.
Bei diesen (Brückenabstandsmess-)Verfahren ist auf folgende mögliche Fehlerquelle zu achten (vgl. dazu auch Burhoff/Grün u.a., § 1 Rn 380 ff.): Von Bedeutung ist, dass sich eventuelle Abstandsveränderungen bei den beobachteten Fahrzeugen wohl nicht immer zweifelsfrei wahrnehmen lassen. Es ist also ohne Weiteres möglich, dass der Abstand des gemessenen Fahrzeugs während der entscheidenden Strecke von 250–300 m (vgl. dazu u.a. OLG Düsseldorf DAR 2003, 464) durch Gaswegnehmen den Abstand vergrößert hat. Wegen der Fehlerquellen muss ein Sicherheitsabschlag gemacht werden. Die Rechtsprechung verlangt grundsätzlich einen 15 %igen Abzug von dem in 0,8 sec. zurückgelegten Fahrweg der Kfz (BayObLG VRS 59, 264; OLG Düsseldorf VRS 64, 376; s. aber OLG Celle VRS 58, 264 [unterliegt der freien Beweiswürdigung]).
Hinweis:
Der BGH hat über die Zuverlässigkeit dieses Abstandsmessverfahrens (noch) nicht entschieden. Nach seiner Auffassung muss diese Frage allein der Tatrichter beurteilen (BGH DAR 1983, 56; ähnlich OLG Hamm VRS 106, 466).
Das OLG Stuttgart und das OLG Bamberg sehen das Verfahren ViBrAM-BAMAS inzwischen aber als standardisiertes Verfahren an (OLG Bamberg VA 2012, 101 = VRR 2012, 163 [Ls.] = DAR 2012, 268; OLG Stuttgart DAR 2007, 657 = VRS 113, 224 = VRR 2007, 475). Das bedeutet, dass der Tatrichter im Urteil i.d.R. nur das angewendete Messverfahren (ViBrAM-BAMAS), die Geschwindigkeit des Betroffenen sowie die Länge des Abstands zwischen den Fahrzeugen des Betroffenen und des Vorausfahrenden feststellen muss. Toleranzen brauchen weder zur Geschwindigkeit noch zum Abstand mitgeteilt zu werden (wegen der Feststellungen im Übrigen s. OLG Stuttgart a.a.O.).
Bei den (stationären) Brücken-/Videoabstandsmessverfahren wird die jeweilige Messsituation unter Verwendung einer bzw. mehrerer Videokameras aufgezeichnet. Hier nur so viel: Der auflaufende Verkehr wird von einer Autobahnbrücke aus mit zwei Videokameras auf einem gemeinsamen Videoband aufgezeichnet, wobei die erste Videokamera den Fernbereich (ca. 100 m bis meist über 500 m) aufnimmt und eine zweite Kamera den für die Messung maßgeblichen Nahbereich (ca. 30 bis 100 m) aufzeichnet. Auf dem Band wird das Datum der Aufnahme, die Tatzeit (als Echtzeit) und die Messzeit (eine fiktive geeichte Zeit) eingeblendet. Die Messzeit wird unter Verwendung des geeichten Charaktergenerators ermittelt. Aus dem Videofilm, welcher mittels der beiden Kameras und des Charaktergenerators erstellt wird, werden im Rahmen der Videoauswertung zur Berechnung von Geschwindigkeit und Abstand Einzelbilder ("Videoprints") ausgedruckt, welche die Einfahrt des Fahrzeugs in bzw. die Ausfahrt aus dem 50 m langen Messbereich wiedergeben. Der Messbereich wird hierbei durch im Nahbereich aufgebrachte Fahrbahnmarkierungen definiert. Die erste überfahrene Linie ist 90 m vom Kamerastandpunkt entfernt und 1,0 m breit, die zweite Linie ist 40 m entfernt und 0,5 m breit. Zur Zeitmessung dient eine Videoaufzeichnung, in die der Charaktergenerator laufend eine Zeitinformation einblendet, die für jedes Videohalbbild um den zeitlichen Abstand der Halbbilder (jeweils um 0,02 sec.) aktualisiert wird. Die Videokameras sind dabei so aufzustellen, dass das Überfahren der Linien detailliert erkennbar ist.
Literaturhinweis:
Zur Funktionsweise des Videoabstandsmessverfahrens – VAMA – oder seiner Weiterentwicklung VKS s. die eingehenden Ausführungen bei Burhoff/Grün u.a., § 1 Rn 380 ff., 483 ff.; eingehend auch Burhoff/H.-P. Grün u.a./Böttger, OWi, Rn 110 ff.; Krumm DAR 2007, 129; OLG Bamberg VRR 2013, 111 = zfs 2013, 290 = VA 2013, 30.
Auch diese Messverfahren sind in der obergerichtlichen Rechtsprechung als geeignet zur Abstandsmessung und als zuverlässig anerkannt worden (grundlegend OLG Hamm NZV 1994, 120; DAR 1996, 382; OLG Dresden VRS 109, 196 = VRR 2005, 315 = DAR 2005, 637 zu "VKS"; AG Landstuhl DV 2016, 190; Burhoff/H.-P. Grün u.a./Böttger, OWi, Rn 110 ff. m.w.N.; Krumm DAR 2005, 55). Die Rechtsprechung verlangt nur in geringem Maße Toleranzabzüge: Bis zu einer Geschwindigkeit von 154 km/h ist kein Sicherheitsabschlag auf den im Nahbereich ermittelten Abstand erforderlich (vgl. Burhoff/H.-P. Grün u.a./Böttger, OWi, Rn 98 ff. m.w.N.). Für den Fernbereich reicht die Inaugenscheinnahme des vorliegenden Videofilms aus.
Hinweise:
Bei den Messverfahren handelt es sich um sog. standardisierte Messverfahren im Sinne der BGH-Rechtsprechung (s. dazu OLG Bamberg VA 2012, 101 = VRR 2012, 163 = DAR 2012, 268; OLG Dresden VRS 109, 196 = VRR 2005, 315 = DAR 2005, 637; AG Landstuhl DV 2016, 190; AG Recklinghausen StRR 2010, 403 [Ls.];...