Seit 2001 gibt es im preisfreien Wohnungsbau eine Einwendungsausschlussfrist, wonach der Mieter binnen Jahresfrist nach Zugang der Abrechnung seine Einwendungen gegen die Abrechnung geltend machen muss. Nach Fristablauf kann die Mieter Einwendungen nicht mehr erheben. Das hat zur Folge, dass nach Ablauf der Frist ein Anspruch entstehen kann, der vorher nie bestanden hat, eine unschlüssige Klage "über Nacht" schlüssig werden kann (Blank DWW 2009, 91). Anders als die Abrechnungsfrist für den Vermieter gilt diese Einwendungsausschlussfrist im preisgebundenen Wohnungsbau nicht (BGH NZM 2005, 737). Dieser Einwendungsausschluss bezieht sich auf folgende Einwendungen:
- Höhe der Kosten hinsichtlich jeder einzelnen Betriebskostenposition,
- Art des Umlageschlüssels,
- Vereinbarung von Vorauszahlungen oder einer Pauschale,
- Ansatz von Positionen, die grundsätzlich Betriebskosten sein können, aber im konkreten Vertrag nicht als umlagefähig vereinbart wurden,
- Höhe der leisteten Vorauszahlungen.
Letzteres hat der Senat noch einmal bestätigt (BGH ZMR 2016, 436 = WuM 2016, 420 = GE 2016, 854 = MietPrax-AK § 556 BGB Nr. 121 m. Anm. Eisenschmid; Börstinghaus jurisPR-BGHZivilR 10/2016 Anm. 2; Flatow jurisPR-MietR 13/2016 Anm. 1; Zehelein NZM 2016, 472). So auch LG München I (ZMR 2016, 453).
Strittig war bisher die Frage, ob dies auch für Kostenpositionen gilt, die nach der Definition des § 556 Abs. 1 BGB i.V.m. § 2 BetrKV gar nicht Betriebskosten im Sinne des Gesetzes sein können, z.B. Verwaltungskosten und Instandhaltungskosten wie sie z.B. in Abrechnungen von WEG-Verwaltern enthalten sind. Es gab eine eher am Wortlaut orientierte Auslegung, die darauf abstellte, dass bereits die amtliche Überschrift des § 556 BGB von einer Anwendung der Regelung nur auf Betriebskosten ausgeht. Ferner wurde auf das Nachteilsverbot in § 556 Abs. 6 BGB verwiesen. Wenn bestimmte Kosten schon rechtlich gar nicht dem Mieter in Rechnung gestellt werden dürften, dann sei es ein Wertungswiderspruch, wenn eine solche rechtswidrige Abrechnung nach Ablauf der Jahresfrist wirksam werde. Die andere Auffassung, der sich der BGH (ZAP EN-Nr. 506/2016 = ZMR 2016, 436 = WuM 2016, 420 = GE 2016, 854 = MietPrax-AK § 556 BGB Nr. 121 m. Anm. Eisenschmid; Börstinghaus jurisPR-BGHZivilR 10/2016 Anm. 2; Flatow jurisPR-MietR 13/2016 Anm. 1; Zehelein NZM 2016, 472) angeschlossen hat, geht stärker von Sinn und Zweck der Vorschrift aus, der eben gerade darin bestünde, in absehbarer Zeit Klarheit über die wechselseitig geltend gemachten Ansprüche zu erreichen. Eine solche Befriedungsfunktion wäre gefährdet, wenn die Einwendung des Mieters, bestimmte Kosten seien generell nicht als Betriebskosten umlagefähig, auch noch nach Fristablauf erhoben werden könnte. Dies gelte umso mehr, als die Zuordnung zu umlegbaren und nicht umlegbaren Betriebskosten nicht immer eindeutig sei. Nach Ansicht des BGH gilt deshalb der Einwendungsausschluss gem. § 556 Abs. 3 S. 6 BGB grundsätzlich auch für solche Kosten, die gem. § 556 Abs. 1 S. 1 BGB in Verbindung mit der Betriebskostenverordnung in der Wohnraummiete generell nicht auf den Mieter umgelegt werden können.
Trotz dieser eindeutigen Auslegung hat der Senat den Mietern einen Rückforderungsanspruch ausnahmsweise zugebilligt, weil es dem Vermieter in dem besonderen Fall, in dem der Vermieter Fachanwalt für Steuerrecht und vereidigter Buchprüfer war und eine WEG-Verwalter-Abrechnung schlicht an die Mieter weitergeleitet hatte, in dem zwischen umlegbaren und nicht umlegbaren Positionen explizit unterschieden wurde, nach Treu und Glauben versagt.
Hinweise:
- Wenn die Einwendungsausschlussfrist abgelaufen ist, hat der Mieter nur dann noch eine Chance, sich gegen unberechtigte Forderungen zu wehren, wenn er die formelle Ordnungsgemäßheit der Abrechnung in Zweifel ziehen kann. Da der BGH in den letzten Jahren die formalen Anforderungen aber immer weiter herabgeschraubt hat, ist dies wohl nur in wenigen Ausnahmefällen möglich. Die Abgrenzung zwischen formeller Wirksamkeit einer Betriebskostenabrechnung gem. § 556 BGB einerseits und deren inhaltlicher Richtigkeit andererseits richtet sich danach, ob der durchschnittliche Mieter in der Lage ist, die Art des Verteilerschlüssels der einzelnen Kostenpositionen zu erkennen und den auf ihn entfallenden Anteil an den Gesamtkosten rechnerisch nachzuprüfen. Ob die abgerechneten Positionen dem Ansatz und der Höhe nach zu Recht bestehen oder sonstige Mängel der Abrechnung vorliegen, etwa ein falscher Anteil an den Gesamtkosten zugrunde gelegt wird, betrifft die inhaltliche Richtigkeit der Betriebskostenabrechnung (BGH NJW 2009, 283) und kann nach Ablauf der Einwendungsfrist nicht mehr berücksichtigt werden.
- Aufgrund der vorliegenden Entscheidung dürfte wahrscheinlich auch der Streit, ob der Mieter einen Verstoß gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit innerhalb der Einwendungsausschlussfrist geltend machen muss (so auch Flatow jurisPR-MietR 9/2016 Anm. 3; Blank IMR 2016, 191; a.A. noch AG Dortmund ZMR 2016, 457; Zehele...