Steuerpflichtige, die nicht aufgrund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, und die auch keine Bücher führen und keine Abschlüsse machen, können gem. § 4 Abs. 3 EStG als Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen.
Betriebseinnahmen sind nach der BFH-Rechtsprechung alle Zugänge zum Betriebsvermögen in Geld oder Geldeswert, die durch den Betrieb veranlasst sind und dem Steuerpflichtigen im Rahmen seines Betriebs zufließen (vgl. § 8 Abs. 1 EStG i.V.m. EStH 2016, H 4.7 Stichwort „Betriebseinnahmen“, vgl. https://bmf-esth.de/esth/2016/A-Einkommensteuergesetz/II-Einkommen/3-Gewinn/Paragraf-4/inhalt.html; BFH, Urt. v. 14.4.1988 – IV R 86/86, DStR 1988, 547).
Der Unternehmer ist gem. § 22 Abs. 1 UStG verpflichtet, zur Feststellung der Steuer und der Grundlagen ihrer Berechnung Aufzeichnungen zu machen. Nach der Rechtsprechung des BFH (Urt. v. 26.2.2004 – XI R 25/02, DStR 2004, 954) gilt diese Verpflichtung auch für das Ertragsteuerrecht.
Rechnungen müssen gem. § 14 Abs. 4 Nr. 4 UStG u.a. eine fortlaufende Nummer – mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsaussteller einmalig vergeben wird (sog. Rechnungsnummer) – enthalten. Lücken in der Rechnungsnummernabfolge können im Einzelfall eine Schätzung notwendig erscheinen lassen, wenn die Vollständigkeit der Erfassung der Einnahmen nicht mehr als gewährleistet anzusehen ist (BFH, Beschl. v. 7.2.2017 – X B 79/16, BFH/NV 2017, 774). Die Aufbewahrung aller Belege ist daher notwendige Voraussetzung für die Annahme, dass auch die Betriebseinnahmen vollständig erfasst wurden (FG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 9.1.2017 – 4 V 4265/15, EFG 2017, 537).
Ausgangsrechnungen, bei denen davon auszugehen ist, dass ihnen regelmäßig die Identität des Mandanten wie auch die Tatsache seiner Beratung zu entnehmen sind, unterliegen jedoch dem Auskunfts- und Vorlageverweigerungsrecht gem. §§ 102 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b und 104 AO (BFH, Urt. v. 14.5.2002 – IX R 31/00, NJW 2002, 2903). Für ein Vorlageverlangen des Finanzamts bedeutet dies, dass trotz der dem Grunde nach bestehenden Vorlagepflicht ein Berufsgeheimnisträger der Finanzbehörde grundsätzlich die Einsicht in alle Daten verweigern darf, auf die sich sein Auskunftsverweigerungsrecht erstreckt (BFH, Urt. v. 8.4.2008 – VIII R 61/06, NJW 2008, 2366; v. 11.12.1957 – II 100/53 U, NJW 1958, 646).
Bisher nicht höchstrichterlich entschieden ist die Frage, ob im Rahmen einer Außenprüfung sämtliche Ausgangsrechnungen eines Prüfungszeitraums von einem Berufsgeheimnisträger vorzulegen und in der Folge zu anonymisieren bzw. zu schwärzen sind. Bereits der RFH (v. 23.5.1928 – V A 384/28, RStBl 1928, S. 191 und v. 14.1.1930 – V A 509/29) wies darauf hin, dass eine Einsichtnahme in die Patientenkartei eines Arztes „bei Nachschau und Betriebsprüfung im Rahmen der Steueraufsicht nur in den Grenzen von Recht und Billigkeit zulässig sei“. Rätke hält daher ein entsprechendes Vorlageersuchen der Finanzbehörden für „nicht zumutbar und zudem praktisch kaum umsetzbar“ (Klein/Rätke, a.a.O., § 104 Rn 6 m. Hinw. auf DWS-Institut, in: DStR 12, Beihefter zu Heft Nr. 48, 123 f.) und plädiert stattdessen für eine stichprobenartige Prüfung der Ausgangsrechnungen. Einen Rechtsanspruch auf eine solche stichprobenartige Prüfung hat der Berufsgeheimnisträger jedoch nicht.
Praxishinweis:
Nach § 148 AO können die Finanzbehörden für einzelne Fälle Erleichterungen bewilligen, wenn die Einhaltung der durch die Steuergesetze begründeten Buchführungs-, Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten Härten mit sich bringt und die Besteuerung durch die Erleichterung nicht beeinträchtigt wird. Es empfiehlt sich daher, zu Beginn einer Außenprüfung den Umfang der vorzulegenden und ggf. zu anonymisierenden Ausgangsrechnungen mit dem Betriebsprüfer einvernehmlich abzustimmen.
Das Auskunfts- und Vorlageverweigerungsrecht besteht jedoch nicht hinsichtlich solcher Mandanten, die auf die Geheimhaltung ihrer Identität verzichtet haben. Ein solcher Verzicht ist dann anzunehmen, wenn der Berufsgeheimnisträger an der Erstellung von Steuererklärungen seiner Mandanten mitwirkte und dies dem Finanzamt gegenüber kenntlich gemacht hat sowie in Fällen, in denen der Berufsgeheimnisträger für seinen Mandanten Klageverfahren beim Finanzgericht oder Amtshaftungsprozesse gegen das Finanzamt geführt hat, da insoweit die Identität der Mandanten und ein Beratungsverhältnis bereits offenkundig ist (BFH, Urt. v. 28.10.2009 – VIII R 78/05, BRAK-Mitt. 2010, 86).
Ein Verstoß gegen die Mitwirkungspflichten durch fehlende Auflistungen der Betriebseinnahmen, der Betriebsausgaben, der Privateinlagen sowie der Privatentnahmen und Nic...