Vergütungsvereinbarungen, nach denen auf Stundenbasis abgerechnet wird, sind in der anwaltlichen Praxis an der Tagesordnung. Seit Langem ist eine Klausel umstritten, die häufig bei solchen Vergütungsvereinbarungen verwendet wird, nämlich die sog. 15-Minuten-Zeittaktklausel. Diese Klausel besagt, dass der Anwalt berechtigt sein soll, jede angefangenen 15 Minuten mit einem Viertel des vereinbarten Stundensatzes abzurechnen, was zu erheblichen Aufrundungen führen kann. Dass es sich insoweit nach § 310 BGB um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt, ist allgemein anerkannt, so dass sich die Wirksamkeit dieser Klausel an den §§ 305 ff. BGB messen lassen muss.
Als erstes Gericht hatte sich das OLG Düsseldorf an einer solchen Klausel gestört und diese nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB wegen unangemessener Benachteiligung des Auftraggebers für unwirksam erklärt (AGS 2006, 530). Auf die Revision hin hat der BGH die Frage der Wirksamkeit offengelassen und klargestellt, es komme darauf an, wie im Einzelfall mit dieser Klausel umgegangen werde (AGS 2009, 209). Damit hat er der Praxis Steine statt Brot gegeben, weil die grundlegende Frage der Zulässigkeit nicht entschieden war. Sie hat auch im Übrigen keine Klarheit geschaffen, da die Frage der Wirksamkeit einer Klausel nicht davon abhängen kann, wie mit ihr später umgegangen wird.
In einem weiteren Verfahren hatte das OLG Düsseldorf wiederum den 15-Minuten-Takt für unwirksam erklärt und die Sache dem BGH erneut vorgelegt (AGS 2010, 109). Der BGH hat in der Sache wiederum nicht entschieden, da nach seiner Auffassung die Anwaltskanzlei im zugrunde liegenden Fall von der Aufrundungsklausel gar keinen Gebrauch gemacht hatte und die Rechtsfrage daher nicht relevant war (AGS 2011, 9). Anders als das OLG Düsseldorf, haben das LG München I (AGS 2010, 284) und das OLG Schleswig (AGS 2009, 209) die 15-Minuten-Taktung für unbedenklich gehalten.
Als nächstes hatte sich dann das LG Köln (AGS 2017, 164) in einem Berufungsverfahren mit der Wirksamkeit dieser Klausel zu befassen. Es ist dem OLG Düsseldorf gefolgt und hat diese Klausel wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 S. 1 BGB im konkreten Fall für unwirksam erklärt. Dieser Fall verdient insoweit besondere Erwähnung, als die Kanzlei zunächst eine minutengenaue Abrechnung vorgenommen hatte und dann aufgrund der Aufrundungsklausel diese tatsächlichen Zeiten auf volle Viertelstunden hochgerechnet hatte. Dabei ergab sich ein zusätzliches Abrechnungsvolumen von ca. 30 % für unstreitig nicht geleistete Zeiten. Die klagende Kanzlei hatte sich damit ihr Hauptargument zunichte gemacht, nämlich dass die Aufrundung auf volle Viertelstunden der Vereinfachung diene und einen geringeren Verwaltungsaufwand bei der Zeiterfassung erfordere. Hier war es gerade umgekehrt. Die Umrechnung der exakten Zeiten in die aufgerundeten Zeiten hatte zusätzlichen Aufwand erfordert, der wohl auch noch dem Mandanten in Rechnung gestellt worden ist.
Kurze Zeit später war das LG Köln wieder mit der Frage befasst, diesmal als erstinstanzliches Gericht. Die Rechtsanwaltskammer Köln hatte eine Kanzlei abgemahnt, die gleich mehrere beanstandete Klauseln in ihren Vergütungsvereinbarungen verwendet hatte, darunter auch die 15-Minuten-Zeittaktklausel. Das LG Köln hat zahlreiche Klauseln für unwirksam erklärt, insbesondere auch die Klausel hinsichtlich des 15-Minuten-Takts (AGS 2018, 108). Gegen dieses Urteil ist zwar Berufung eingelegt, aber später wieder zurückgenommen worden.
Nunmehr trat das LG München I erneut auf die Rechtsprechungsbühne und hat in Abkehr seiner bisherigen Rechtsprechung die 15-Minuten-Taktung in zwei Entscheidungen für unwirksam erklärt. In beiden Verfahren wurde Berufung zum OLG München eingelegt, das in zwei fast inhaltsgleichen Entscheidungen das LG München I insoweit bestätigt hat, als die 15-Minuten-Taktungen AGB-widrig seien (Urt. v. 5.6.2019 – 15 U 318/18 u. 15 U 319/18, AGS 2019, 379). In den beiden zugrunde liegenden Fällen hatte die Taktung zu einer Aufblähung des rechnerischen Ergebnisses ggü. dem tatsächlichen Zeitaufwand um 46 % bzw. 48 % geführt. Dass die Gerichte in Anbetracht dieser "Luftabrechnungen" aufgrund der Verwendung des 15-Minuten-Takts Einhalt gebieten würden, war letztlich nicht verwunderlich. Daher waren die Entscheidungen des OLG vorherzusehen. Es erscheint in der Tat befremdlich, dass ein Anwalt als unabhängiges Organ der Rechtspflege keine Bedenken hat, ein Drittel seiner Vergütung oder noch mehr dafür in Rechnung zu stellen, dass er letztlich – unstreitig – nichts getan hat. Sicherlich gibt es Argumente für gewisse Rundungen. Es gibt auch Argumente dafür, dass ein Telefonat, das ein Anwalt für drei Minuten führt, ihn letztlich über diese effektive Gesprächszeit hinaus von seiner übrigen Arbeit abhält, da er im Zweifel aus einer anderen Sache "herausgerissen" wird und sich nach dem Telefonat erst wieder einarbeiten muss. Insoweit hält das OLG München eine Taktung auch nicht für grds. unzulässig, sondern hat angedeutet, dass es Tak...