Der Begriff der ortsüblichen Vergleichsmiete ist ein unbestimmter Rechtsbegriff. Es handelt sich um einen normativ empirischen Wert, der sowohl rechtliche Vorgaben als auch empirische Feststellungen enthält. Maßgeblich ist die Legaldefinition des § 558 Abs. 2 BGB. Im Zustimmungsprozess muss das Gericht mit Hilfe eines Sachverständigen den maßgeblichen Wert ermitteln. Dieser wird i.d.R. zu dem Ergebnis kommen, dass auch für vergleichbare Wohnungen unterschiedliche Mieten gezahlt werden. Für Empiriker ist deshalb völlig klar, dass es sich bei der ortsüblichen Vergleichsmiete nicht um einen Punktwert, sondern um eine Bandbreite handelt. Die Gerichte müssen aber innerhalb der Bandbreite einen cent-genauen Betrag ausurteilen. Da der Vermieter eine Miete verlangen darf, die die ortsübliche Vergleichsmiete nicht überschreitet, geht man regelmäßig vom Oberwert dieser Bandbreite aus. Soweit der BGH dies in früheren Entscheidungen gebilligt hatte, ging es aber nur um eine kleine Bandbreite. In den beiden vorliegenden Fällen hatte der Sachverständige aber eine sehr große Streuung ermittelt. Für diesen Fall hat der BGH es abgelehnt, dem Vermieter einen Anspruch bis zum Oberwert der Bandbreite zuzubilligen.
Der Senat hält in diesem Fall zwei Methoden für anwendbar:
- Wenn keine Besonderheit der Verteilung der Vergleichsmieten festgestellt wird, kann das arithmetische Mittel zugrunde gelegt werden.
- Wenn eine auffällige Häufung der Vergleichsmieten um einen kleinen Wert herum vorliegt, sei es eher geboten, die dadurch repräsentierte (gesamte) kleine Bandbreite als ortsübliche Vergleichsmiete anzusehen, so dass der Vermieter in einem solchen Fall die Zustimmung zu einer Erhöhung der Miete bis zu dem höchsten Wert dieser kleinen Bandbreite als ortsübliche Vergleichsmiete verlangen könne (eher der Modalwert).
Nach Ansicht des Senats beruhe eine große Marktstreuung nicht auf den gesetzlichen Wohnwertmerkmalen des § 558 Abs. 2 BGB. Es erscheine "nicht sachgerecht" eine solcherart auffällige Marktstreuung allein dem Vermieter zugutekommen zu lassen. Jede andere Auslegung würde zu dem Ergebnis führen, dass der Vermieter das höchste Entgelt fordern könnte, das zu zahlen sich einer der Mieter der vom Sachverständigen herangezogenen Vergleichswohnungen bereitgefunden hat. Eine derartige "Spitzenmiete" repräsentiere jedoch nicht die ortsübliche Vergleichsmiete. Zumindest in angespannten Wohnungsmärkten würde diese Auffassung regelmäßig dazu führen, dass sich die niedrigeren erhöhten Bestandsmieten im Rahmen des Vergleichsmietenverfahrens letztlich nicht auswirken würden, weil der obere Wert der Marktstreuung immer durch die höchste Neuvertragsmiete repräsentiert würde.
Der Sachverständige muss sich aber auf jeden Fall an der Legaldefinition der ortsüblichen Vergleichsmiete in § 558 Abs. 2 BGB orientieren. Danach ist die ortsübliche Vergleichsmiete aus einer Mischung von Neuvertrags- und veränderten Bestandsmieten der letzten vier Jahre zu bilden. Die verschiedenen Mieten sollen dabei in einem "ausgewogenen Verhältnis" berücksichtigt werden. Unangemessen ist es nach Ansicht der BGH, wenn der Sachverständige Bestandsmietenänderungen im maßgeblichen Vierjahreszeitraum nicht oder nur in einem vernachlässigbar geringen Umfang in die Bewertung einbezieht (BGH GE 2019, 721 = WuM 2019, 324 = DWW 2019, 212 = MDR 2019, 795 = MietPrax-AK § 558 BGB Nr. 39 mit Anm. Börstinghaus; Börstinghaus, LMK 2019, 417863; Schach, MietRB 2019, 194/195; BGH DS 2019, 199 = MietPrax-AK § 558 BGB Nr. 40 mit Anm. Börstinghaus; Börstinghaus DS 2019, 199).
Hinweis des Senats:
Ermittelt der Tatrichter die ortsübliche Vergleichsmiete unter Heranziehung eines Sachverständigen, ist eine in jeder Hinsicht vollständige Mitteilung der Anschriften der Vergleichswohnungen im Gutachten nur dann geboten, wenn diese Angaben für eine Überprüfung des Gutachtens praktisch unentbehrlich wären.