Die Verjährung von Ansprüchen des Vermieters beginnt nach § 548 Abs. 1 BGB mit dem Zeitpunkt, in dem er die Mietsache zurückerhält. Der Rückerhalt setzt zum einen grds. eine Änderung der Besitzverhältnisse zugunsten des Vermieters voraus, weil er erst durch die unmittelbare Sachherrschaft in die Lage versetzt wird, sich ungestört ein umfassendes Bild von etwaigen Veränderungen oder Verschlechterungen der Sache zu machen. Zum anderen ist erforderlich, dass der Mieter den Besitz vollständig und unzweideutig aufgibt. Dass der Vermieter/Verpächter (vorübergehend) die Möglichkeit erhält, während des (auch nur mittelbaren) Besitzes des Mieters die Mieträume besichtigen zu lassen, genügt nicht (BGH MDR 2019, 600 = DWW 2019, 172 = GE 2019, 657 = NZM 2019, 408 = MietPrax-AK § 548 BGB Nr. 21 mit Anm. Eisenschmid; Börstinghaus, jurisPR-BGHZivilR 10/2019 Anm. 1; Mettler, MietRB 2019, 163). Umstritten ist die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Verjährungsfrist nach § 548 Abs. 1 BGB zu laufen beginnt, wenn der Mieter dem Vermieter anbietet, die Mietsache zurückzuerhalten, dieser sie jedoch nicht zurücknimmt:
- Nach einer Auffassung sind die Bestimmungen über den Annahmeverzug heranzuziehen mit der Folge, dass der Lauf der Verjährungsfrist des § 548 Abs. 1 BGB ausgelöst wird, sobald der Mieter die erfüllungstaugliche Rückgabe der geräumten Mietsache anbietet.
- Nach anderer Auffassung bleibt der Annahmeverzug mit der Rücknahme der Mietsache ohne Einfluss auf den Beginn der Verjährung nach § 548 Abs. 1 BGB; vielmehr kann nur die tatsächliche Besitzaufgabe durch den Mieter (z.B. durch Schlüsseleinwurf bei dem Vermieter) den Lauf der Verjährungsfrist auslösen, weil erst dadurch der Vermieter die Möglichkeit der ungestörten Untersuchung der Mietsache erhält, von der der Beginn der Verjährungsfrist abhänge.
- Schließlich wird vertreten, dass es – unabhängig vom Vorliegen eines Annahmeverzugs – der Erlangung der unmittelbaren Sachherrschaft durch den Vermieter gleichstehe, wenn dieser sich selbst der Möglichkeit begebe, die unmittelbare Sachherrschaft auszuüben, etwa indem er ein Angebot des Mieters auf Übergabe der Schlüssel zurückweist.
Der XII. Senat hat offengelassen, welcher Auffassung er sich anschließt, da es im konkreten Fall nicht nur an einer vollständigen und endgültigen tatsächlichen Besitzaufgabe durch den Mieter fehlte, sondern dieser auch kein dahin gehendes tatsächliches oder wörtliches Angebot dem Vermieter gemacht hatte.
Praxistipp:
In der Praxis stellt sich in solchen Fällen die Frage, was der Mieter machen kann, wenn der Vermieter die Mietsache nicht zurücknimmt. Eine Möglichkeit kann auch nach der aktuellen Entscheidung noch sein, den Vermieter durch ein tatsächliches oder wörtliches Angebot in Annahmeverzug zu versetzen. Es muss aber auf jeden Fall eine vollständige Besitzaufgabe durch den Mieter erfolgen. Hierfür ist vor allen Dingen die Übergabe aller Schlüssel, Schlüsselkarten oder Zugangscodes erforderlich. Nach einer solche Rückgabe der Schlüssel übt allein der Vermieter die unmittelbare Sachherrschaft aus. Allein die Möglichkeit hierzu reicht aber noch nicht zur Besitzbegründung aus. Der Vermieter muss hiervon aber Kenntnis erlangt haben (BGH WuM 2013, 729 = GE 2013, 1647 = GuT-W 2013, 95 = NZM 2014, 128 = NJW 2014, 684; m. Anm. Schach, MietRB 2014, 1; Drasdo, NJW-Spezial 2014, 1; Streyl, NJW 2014, 665; Herlitz, jurisPR-MietR 6/2014 Anm. 2).