Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat Anfang September den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Versorgungsausgleichsrechts veröffentlicht. In Teilaspekten der Materie habe sich gesetzgeberischer Handlungsbedarf ergeben, heißt es zur Begründung. Auch im Verfahrensrecht und im Versorgungsrecht seien Korrekturen und Klarstellungen angezeigt.
Die Strukturreform im Jahr 2009 hatte den Versorgungsausgleich umfassend auf eine neue Grundlage gestellt. In Abkehr von dem früheren Ausgleichssystem, das eine Gesamtsaldierung der Versorgungsanrechte und einen Einmalausgleich über die gesetzliche Rentenversicherung vorsah, wurde das Prinzip des Einzelausgleichs eingeführt. Jedes Anrecht wird seither grds. gesondert zwischen den Ehegatten geteilt. Die nach früherem Recht erforderliche Vergleichbarmachung unterschiedlicher Anrechte, die häufig zu Wertverzerrungen und Prognosefehlern führte, wurde im Regelfall entbehrlich. Betriebliche und private Versorgungen konnten vollständig in das neue Ausgleichssystem einbezogen werden.
Ziel der Reform 2009 war es, mehr Teilungsgerechtigkeit herbeizuführen und den Ausgleich der Versorgungsanrechte für die Betroffenen verständlicher zu gestalten. Der Versorgungsausgleich sollte zur Steigerung des Rechtsfriedens möglichst bei der Scheidung abschließend durchgeführt werden. Beide Ehegatten sollten eigenständige Versorgungsanrechte erhalten und damit unabhängig voneinander versorgt sein. Schuldrechtliche Ausgleichsansprüche zwischen den Ehegatten, die oft erst Jahrzehnte nach der Scheidung geltend gemacht werden können, wurden ebenso wie die umfangreichen Korrekturmöglichkeiten des alten Rechts zurückgedrängt. Die Dispositionsmöglichkeiten beider Ehegatten wurden gestärkt.
Nach Auffassung des BMJV haben die Erfahrungen der Praxis aus nunmehr zehn Jahren bestätigt, dass sich die Strukturreform des Versorgungsausgleichs in der Praxis grds. bewährt hat. Auch dank des großen Engagements aller Beteiligten hätten die Herausforderungen, die mit der Umsetzung des neuen Rechts verbunden waren, bewältigt werden können. Die Rechtsprechung habe zahlreiche Einzelfragen innerhalb des geltenden Regelwerks gelöst. Viele Versorgungsausgleichsverfahren würden nunmehr weitgehend problemlos entschieden.
Hieran solle im Wesentlichen festgehalten werden. Entscheidungen der Strukturreform sollten grds. nicht ohne rechtstatsächliche Untersuchung in Frage gestellt werden. Die nun vorgeschlagenen Änderungen sind aus diesem Grund auch eher punktueller Natur. So soll etwa für die Einhaltung der Wertgrenzen durch den Versorgungsträger nicht mehr eine Einzelbetrachtung jedes Anrechts vorgenommen werden, sondern eine Gesamtbetrachtung, wenn der ausgleichspflichtigen Person bei einem Versorgungsträger der betrieblichen Altersversorgung mehrere Anrechte zustehen. Weitere geplante Änderungen betreffen das Wahlrecht der ausgleichsberechtigten Person bzgl. eines schuldrechtlichen Ausgleichs in bestimmten Fällen sowie die Leistungsbefreiung des Versorgungsträgers bei betragsmäßiger Überzahlung. Auch soll der frühestmögliche Zeitpunkt für einen Antrag auf Abänderung einer Entscheidung zum Wertausgleich bei der Scheidung vorverlegt werden, um in komplexeren Fällen mit längerer Verfahrensdauer eine schnellere Abänderung zu ermöglichen.
Der Gesetzentwurf ist bereits an die Länder, Verbände und Fachkreise übersandt worden; diese haben noch bis zum 1.10.2020 die Möglichkeit, zu den geplanten Änderungen Stellung zu nehmen.
[Quelle: BMJV]