Noch im Vorfeld der WEG-Reform bedürfen Verschattungsanlagen wie Außenrollos, Lamellen, Sonnenmarkisen etc. als bauliche Veränderung grds. eines entsprechenden Beschlusses der Wohnungseigentümergemeinschaft gem. § 22 Abs. 1 WEG mit dem dort geregelten besonderen doppelten Beschlussquorum (LG Hamburg, Urt. v. 20.12.2017 – 318 S 10/17; LG Hamburg, Urt. v. 16.1.2013 – 318 S 55/12; Lehmann-Richter in Staudinger, Kommentar zum WEG, § 22 WEG Rn 27 und 28; Häublein, NZM 2007, 753, 754).
Liegt ein solcher Beschluss vor, müssen "unwillige" Miteigentümer dessen Ausführung dulden. Lässt der ergangene Beschluss konkrete Ausführungsarten und Modalitäten offen, entlastet dies nicht von einer grds. eingreifenden Duldungspflicht der beschlossenen Maßnahme an sich (BGH, Urt. v. 20.7.2018 – V ZR 56/17).
Ein Duldungsanspruch besteht aber auch ohne zuvor herbeigeführte Beschlusslage dann, wenn die nachträgliche Anbringung von Verschattungsanlagen als Maßnahme der erstmaligen plangerechten Herrichtung des Gemeinschaftseigentums einzuordnen ist. Als Unterfall der Instandsetzung kann die erstmalige plangerechte Herstellung Gegenstand eines Individualanspruchs eines jeden Mitglieds gegen die übrigen Mitglieder der Eigentümergemeinschaft sein (§ 21 Abs. 4, Abs. 5 Nr. 2 WEG; BGH, Urt. v. 20.7.2018 – V ZR 56/17, ZAP EN-Nr. 544/2018). Ob es sich um eine erstmalige plangerechte Herstellung handelt, kann z.B. der Teilungserklärung entnommen werden.
Ein Anspruch auf erstmalige Herstellung kann sich auch aus dem Gebot der Erfüllung öffentlich-rechtlicher Anforderungen an das Gemeinschaftseigentum ergeben. Davon ist auszugehen, wenn gewünschte Verschattungsanlagen bauordnungsrechtlich erforderlich sind (BGH, Urt. v. 20.7.2018, a.a.O.). Ungeregelt sind dann aber immer noch die Ausführungsart sowie die Farbgebung. Diese Umstände sollten also vor Bauausführung geklärt werden.
Aber auch dann, wenn es daran fehlt, könnte ein Beseitigungsverlangen bereits realisierter Verschattungsanlagen rechtsmissbräuchlich sein. Denn ein Anspruch eines Wohnungseigentümers auf einen Gestattungsbeschluss (§ 22 Abs. 1 S. 1 WEG) würde dann entgegenstehen (§ 242 BGB). Ein solcher Gestattungsbeschluss kann seine Grundlage darin finden, dass die von der Maßnahme bereits nachteilig betroffenen Eigentümer schon zugestimmt haben oder es an einer Beeinträchtigung fehlt, die über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinausgeht (BGH, Urt. v. 20.7.2018, a.a.O.).
Geht es nicht um einen Anspruch auf erstmalige plangerechte Herstellung, um eine sonstige Instandsetzungsmaßnahme, sondern ist mit der Anbringung von Verschattungsanlagen eine Modernisierung verbunden, so kann auch im Fall eines Genehmigungsbeschlusses nach § 22 Abs. 2 BGB Beseitigung durch einzelne Eigentümer gefordert werden, wenn die Betroffenen durch die Maßnahme unbillig beeinträchtigt würden. Dann müsste die Maßnahme in ihrer Auswirkung über das "Level" von § 14 Nr. 1 WEG hinausgehen und zu Nachteilen führen, die im Verhältnis zu beabsichtigten Vorteilen der modernisierenden Baumaßnahme den betroffenen Wohnungseigentümern unzumutbar sind (BGH, Urt. v. 20.7.2018, a.a.O.).
Im Rahmen der anstehenden WEG-Reform gilt § 20 Abs. 1, 2 S. 1 Nr. 2, Abs. 3 und 4 WEG-E (Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Förderung der Elektromobilität und zur Modernisierung des Wohnungseigentumsgesetzes [Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz] – WEModG, BT-Drucks 19/18791 vom 27.4.2020):
- Bauliche Veränderungen durch die Gemeinschaft oder durch einzelne Eigentümer können weiterhin beschlossen werden.
- Eine Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge kann auch von einzelnen Eigentümern verlangt werden. Der Beschluss ist mit einfacher Mehrheit zu fassen.
- Andere klimaschutzbezogene bauliche Änderungen können von einzelnen Eigentümern verlangt werden, wenn alle anderen Eigentümer damit einverstanden sind, deren Rechte über das unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt werden.
- Grundlegende Umgestaltungen der Wohnanlage sind nicht beschluss- oder gestattungsfähig. Dies gilt auch für bauliche Veränderungen, die einzelne Eigentümer ohne deren Einverständnis im Verhältnis zu den übrigen Gemeinschaftsmitgliedern unbillig benachteiligen.
Mit einem Inkrafttreten dieses Gesetzes wahrscheinlich in der zweiten Hälfte des Jahres 2020 ist zu rechnen.