Im Rahmen der Prüfung, ob der Vermieter ein berechtigtes Interesse an der Kündigung hat, bleiben Mieterinteressen unberücksichtigt. Liegt ein zur Kündigung berechtigendes Interesse des Vermieters an einer Beendigung des Mietverhältnisses vor, kann der Mieter sich in einer zweiten Stufe auf seine persönlichen Härtegründe oder fehlenden Ersatzwohnraum berufen. Die Mieterinteressen sind dann gegenüber den berechtigten Vermieterinteressen, die zur Kündigung berechtigten, abzuwägen. Es soll grds. der vertragstreue Mieter vor willkürlichen Kündigungen geschützt werden, da die Wohnung auch nach der Rechtsprechung des BVerfG eine überragende Bedeutung als Lebensmittelpunkt des menschlichen Daseins hat.
Als Härtegründe des Mieters kommen nur solche mit einem Umzug verbundenen Nachteile in Betracht, die sich von den mit einem Wohnungswechsel typischerweise verbundenen Unannehmlichkeiten deutlich abheben. Auch das hohe Alter eines Mieters allein rechtfertigt noch keine Härte. Dies kann sich nämlich je nach Persönlichkeit und körperlicher sowie psychischer Verfassung eines Menschen ganz unterschiedlich auswirken. Das gilt auch für eine langjährige Mietdauer. Aus dieser kann für sich genommen noch nicht auf eine tiefe Verwurzelung des Mieters am Ort der Mietsache geschlossen werden. Vielmehr hängt deren Entstehung maßgeblich von der individuellen Lebensführung des jeweiligen Mieters (Pflegen sozialer Kontakte in der Nachbarschaft etc.) ab (BGH WuM 2021, 257 = GE 2021, 493 = NJW-RR 2021, 461 = DWW 2021, 133 = NZM 2021, 361 = MDR 2021, 605 = ZMR 2021, 470 = MietPrax-AK § 574 BGB Nr. 8 mit Anm. Börstinghaus; Monschau MietRB 2021, 133; Börstinghaus jurisPR-BGHZivilR 11/2021 Anm. 3; Drasdo NJW-Spezial 2021, 321).
Auch wenn ein Mieter seine Behauptung, ihm sei ein Umzug wegen einer bestehenden Erkrankung nicht zuzumuten, unter Vorlage bestätigender ärztlicher Atteste geltend macht, ist im Falle des Bestreitens dieses Vortrags regelmäßig die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Art, dem Umfang und den konkreten Auswirkungen der beschriebenen Erkrankung auf die Lebensführung des betroffenen Mieters im Allgemeinen und im Falle des Verlusts der vertrauten Umgebung erforderlich (BGH WuM 2021, 451 = MDR 2021, 923= MietPrax-AK § 574 BGB Nr. 9 m. Anm. Börstinghaus jurisPR-BGHZivilR 15/2021 Anm. 2; Drasdo, NJW-Spezial 2021, 449). Trotz dieser eindeutigen Hinweise im ersten Revisionsurteil hat die 67. ZK des Landgerichts im zweiten Durchgang wieder kein Gutachten eingeholt (LG Berlin GE 2021, 763). Nach Blümmel (GE 2021, 730) lässt das Verfahren "ein erhebliches Störgefühl" zurück.