Ist das Insolvenzverfahren eröffnet oder die Eröffnung mangels Masse abgelehnt worden, sollte zunächst das Insolvenzgutachten eingesehen werden.

 

Hinweis:

Ergänzend zu dem Gutachten kann der geschädigte Reisende als Beteiligter des Insolvenzverfahrens Einsichtnahme in die Gerichtsakten nehmen. Hieraus können sich weitere Anhaltspunkte auf den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit ergeben.

Wertvolle Hinweise für den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit kann das Gutachten des Sachverständigen auch dann liefern, wenn der Zeitpunkt der Eröffnung erst geraume Zeit nach dem geplanten Reiseantritt liegt. Zunächst ist dem Sachverständigengutachten der Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung zu entnehmen. Bei einem Eigenantrag des Schuldners behauptet dieser mit der Stellung des Insolvenzantrags das Vorliegen eines Eröffnungsgrundes. Gibt der Schuldner hier selbst die Zahlungsunfähigkeit als Eröffnungsgrund an, ist dies ein deutliches Indiz für die Zahlungsunfähigkeit.

 

Hinweis:

Der Beweis der Zahlungsunfähigkeit ist mit der Behauptung des Schuldners aber nicht geführt, da Zahlungsunfähigkeit ein juristisch zu beurteilender Rechtsbegriff ist.

Soweit der Schuldner zugleich einräumt, seine Zahlungen eingestellt zu haben, wird der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit gesetzlich vermutet, § 17 Abs. 2 InsO. Dabei ist zu beachten, dass der Auftrag des Sachverständigen ausschließlich darin besteht, die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners zum Zeitpunkt der erwarteten Insolvenzeröffnung festzustellen (Uhlenbruck, InsO, § 16 Rn.10). Daher ist für den Sachverständigen nicht maßgeblich, ob und gegebenenfalls zu welchem früheren Zeitpunkt Zahlungsunfähigkeit tatsächlich eingetreten ist. Da die Zahlungsunfähigkeit, jedenfalls theoretisch, nachträglich wieder wegfallen kann, kommt es aus Sicht des Sachverständigen ausschließlich auf das Vorliegen der Zahlungsunfähigkeit zum Zeitpunkt der (geplanten) Insolvenzeröffnung an. Dessen ungeachtet können in dem Sachverständigengutachten Hinweise auf eine bereits länger bestehende Zahlungsunfähigkeit enthalten sein.

Der schlichte Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens (ohne weiteren begründeten Sachvortrag), verbunden mit der schlichten Behauptung, Zahlungsunfähigkeit habe zum damaligen Zeitpunkt vorgelegen, ist als Ausforschungsbeweis unzulässig. Ausreichende Anknüpfungstatsachen für die Einholung eines Sachverständigengutachtens können Indizien liefern, die auf Zahlungsunfähigkeit schließen lassen. Der BGH sieht den Beweistatbestand als ein Mosaik, in welchem Indiztatsachen als Steinchen bedeutsam werden können (BGH NJW 1983, 2034, 2035).

Beim Indizienbeweis richtet sich der Gegenstand des Beweises auf tatbestandsfremde Tatsachen, aus denen der Schluss auf das Vorliegen eines Tatbestandsmerkmals gezogen werden kann (BGH NJW 1991, 1984). Nur in Ausnahmefällen wird man beim Vorliegen einzelner Indizien von einem Anscheinsbeweis ausgehen können.

 

Hinweis:

Das AG Köln hat einen Anscheinsbeweis angenommen, wenn Leistungsträger wie beispielsweise Hotels oder Fluggesellschaften ihre Leistungen wegen offener Forderungen verweigern (AG Köln RRa 1999, 119).

Unstreitige Indizien, die den Schluss auf die Haupttatsache zulassen, machen eine Beweisaufnahme entbehrlich, soweit die Haupttatsache nicht substantiiert unter Beweisantritt bestritten ist (BGH NJW-RR 1997, 238). Der Versicherer muss daher substantiiert den Indizien entgegentreten, was ihm regelmäßig schwer fallen dürfte.

Ein deutliches Indiz für das Vorliegen der Zahlungsunfähigkeit stellt eine mindestens halbjährige Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen dar (BGH ZInsO 2003, 755). Grundsätzlich unbeachtlich ist in diesem Zusammenhang, dass ein Schuldner gleichwohl noch (auch größere) Zahlungen leistet. Nach der Rechtsprechung des BGH liegt eine Zahlungseinstellung (§ 17 Abs. 2 S. 2 InsO) und damit eine gesetzliche Vermutung für das Vorliegen des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit selbst dann vor, wenn der Schuldner noch einzelne Zahlungen auch in beträchtlicher Höhe leistet (BGH ZInsO 2003, 755).

Die Rechtsprechung unterstellt, dass wegen der regelmäßig zur Strafbarkeit des Arbeitgebers nach § 266a StGB führenden Konsequenzen die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners im Regelfall der entscheidende Grund für die Nichtabführung der Arbeitnehmerbeiträge ist (OLG Celle ZInsO 2002, 979). Dabei geht die Rechtsprechung davon aus, dass die "Kreditierung" des Schuldners über die Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen regelmäßig den letzten Akt des Schuldners auf dem Weg in die Insolvenz darstellt (OLG Celle ZInsO 2002, 979). Auch die eigene Erklärung des Schuldners, fällige Forderungen nicht bezahlen zu können, bedeutet selbst dann Zahlungseinstellung i.S.d. § 17 Abs. 2 InsO, wenn sie mit einem außergerichtlichen Vergleichsangebot verbunden ist (OLG Dresden InVO 2002, 366). Eine einmal eingetretene Zahlungsunfähigkeit wirkt fort. Sie wird erst dann beseitigt, wenn die geschuldeten Zahlungen an die Gesamtheit der Gläubiger im Allgemeinen wieder aufgen...

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