Für die Änderung der Arbeitszeit, wenn sie mit einer Verringerung der Wochenarbeitstage einhergeht, hatte der EuGH auf die Unionsrechtswidrigkeit deutschen Urlaubsrechts erkannt. Das BAG (vgl. Gundel/Sartorius ZAP F. 17 R, S. 809, 812 unter I. 1. c) ist dem gefolgt und hat wegen Verstoßes gegen § 4 Abs. 1 TzBfG entgegen dem Tarifwortlaut des TVöD entschieden (BAG, Urt. v. 15.2.2015 – 9 AZR 53/14F, NZA 2015, 1005). Nun hat der EuGH (Urt. v. 11.11.2015 – C-219/14 "Greenfield", NZA 2015, 1501) erstmalig zur umgekehrten Konstellation, der Umrechnung von Urlaubsansprüchen bei Erhöhung der Arbeitszeit entschieden:
Der EuGH stellt auf die Vorlageentscheidung für die Auslegung der sog. TeilzeitRL klar:
- Bei einer Veränderung der Arbeitszeit muss für die Zukunft eine Anpassung des (noch bestehenden) Urlaubs vorgenommen werden, welche dem pro-rata-temporis Grundsatz entspricht.
- Rückwirkend – für die Vergangenheit – ist eine Anpassung ggf. bereits genommenen Urlaubs nicht erforderlich!
- Es gibt keine Unterscheidung zwischen dem Wert des Urlaubsanspruchs in natura und der Urlaubsabgeltung. Beide sind nach denselben Grundsätzen zu behandeln.
- In Deutschland muss die Umrechnung den Umfang des Urlaubs betreffen, wenn sich die Anzahl der Arbeitstage ändert. Doch was ist mit dem Wert? EuGH und BAG haben das offen gelassen (vgl. BAG, Urt. v. 10.2.2015 – 9 AZR 53/14; Gundel/Sartorius ZAP F. 17 R, S. 809, 812 unter I. 1. c).
- Nach Rn 35 sind hinsichtlich der Entstehung der Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub, die Zeiträume, in denen der Arbeitnehmer nach verschiedenen Arbeitsrhythmen arbeitete, voneinander zu unterscheiden, wobei die Zahl der entstandenen Einheiten an jährlicher Ruhezeit im Vergleich zur Zahl der geleisteten Arbeitseinheiten für jeden Zeitraum getrennt zu berechnen ist. Eine Auswirkung auf bereits erworbene Rechte darf nicht eintreten (vgl. Rn 40).
- Ändert sich allein der Umfang der Stunden, beispielsweise, weil in einer Fünf-Tage-Woche zunächst nur vormittags und dann ganztags gearbeitet wird, so ändert sich der Umfang des Urlaubs nicht, doch was ist mit dessen Wert für die Zukunft? Das Referenzprinzip des § 11 BUrlG bringt nämlich eine Verzögerung bei der Wertberechnung, weil vergangener, geringerer Tätigkeitsumfang bei der Berechnung zugrunde gelegt wird.
Der EuGH erläutert, dass die Berechnung des Wertes des Urlaubsanspruchs in der TeilzeitRL nicht geregelt sei, sich der Wert aber aus dem unionsrechtlichen – und nach § 13 BUrlG unabdingbaren Grundsatz – des bezahlten Jahresurlaubs ergebe, weshalb das gewöhnliche Arbeitsentgelt während des Urlaubs zu bezahlen ist (vgl. Rn 49–51).
Der EuGH führt weiter aus, dass der Zeitpunkt, in dem diese Berechnung vorzunehmen ist, einen Einfluss auf die Modalitäten dieser Berechnung haben kann (Rn 53), es aber Sache des nationalen Gerichts sei, zu beurteilen, ob die jeweiligen Berechnungsgrundsätze den Unionsrechtlichen Anforderungen genügten (vgl. in diesem Sinne EUGH, Urt. v. 22.5.2014 – C-539/12 "Lock", Rn 34). Dann bleibt es wohl (zunächst) beim Referenzprinzip des § 11 BUrlG.