Die Ausstattung mit elektromobiler Infrastruktur (Ladestation mit Stromversorgungsleitung, eventuell erhöhte Absicherungen dieser Leitungen oder Ausführung als 380 Volt-Leitung) ist typischerweise innerhalb des Gemeinschaftseigentums, insbesondere auf Tiefgaragenstellplätzen, vorzunehmen. Denn tragende Wände und Außenwände einer Garage sind nicht sondereigentumsfähig. Um sich eine Lademöglichkeit zu verschaffen, muss derjenige, dem der Stellplatz zugewiesen ist, daher regelmäßig auf Teile des Gemeinschaftseigentums baulich einwirken. Dies ist schon der Fall bei einem An- oder Einbau und gilt erst recht, wenn zusätzlich eine Verstärkung der elektrischen Anlage (Kabel und Sicherungen) in der Gemeinschaftsanlage erforderlich wird (so BR-Drucks 340/16, S. 8).
1. Die „normale“ Umstellung auf E-Mobilität
a) Elektroauto
Die Umstellung auf E-Mobilität zur Betankung von Elektroautos innerhalb der Eigentumsanlage wird im WEG-Recht überwiegend als bauliche Veränderung (§ 22 Abs. 1 Abs. 1 WEG) oder Modernisierung als privilegierte Unterform der baulichen Veränderung (§ 22 Abs. 2 WEG) angesehen, bisweilen auch als Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung mit einem entsprechenden Individualanspruch des begehrenden Eigentümers.
So vertritt das AG Berlin-Schöneberg die Auffassung, bei der Errichtung von Ladeinfrastruktur handle es sich um eine bauliche Veränderung nach § 22 Abs. 1 WEG (Urt. v. 5.4.2015 – 771 C 87/14, ZMR 2017, 431 f.). Denn i.d.R. seien hierfür bauliche Veränderungen vorzunehmen, die über die ordnungsgemäße Verwaltung hinausgingen. Nach dieser Ansicht ist dann die Zustimmung eines jeden davon betroffenen Miteigentümers notwendig (§ 22 Abs. 1 S. 1 WEG), im Zweifel aller. Ausschlaggebend dafür wäre die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der übrigen Miteigentümer durch die bauliche Maßnahme; eine streitträchtige Situation, die letztlich gerichtlich geklärt werden müsste.
Einen anderen Ansatz wählt das AG München und billigt dem elektromobilitätsgeneigten Eigentümer einen Anspruch auf Herstellung der Ladeinfrastruktur bereits aus § 21 Abs. 4, Abs. 5 Nr. 6 WEG zu: Zu einer ordnungsmäßigen, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer entsprechenden Verwaltung zähle auch die Duldung aller Maßnahmen, die zur Herstellung eines Energieversorgungsanschlusses zugunsten eines Wohnungseigentümers erforderlich seien (AG München, Urt. v. 17.12.2014 – 482 C 12592/14, ZMR 20116, 569 f.).
Nach einer dritten Ansicht wird der Einbau einer Ladestelle als Maßnahme der Modernisierung i.S.v. § 22 Abs. 2 WEG, § 555b Nr. 2 BGB begriffen. Da Elektrofahrzeuge zum nachhaltigen Klimaschutz beitragen, sei der Einbau einer Ladestelle für Elektrofahrzeuge als bauliche Veränderung anzusehen, „durch die nicht erneuerbare Primärenergie nachhaltig eingespart oder das Klima nachhaltig geschützt wird“ (so Häublein ZWE 2015, 255, 256 sowie ders. AnwZert MietR 9/2015 Anm. 2; Happ DWW 2016, 136 ff.). Auch diese Auffassung gelangt damit zu einer Durchsetzbarkeit der E-Mobilität innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft auch gegen den Willen einzelner Wohnungseigentümer schon nach aktuellem Recht.
Eine vierte Meinung begreift den Einbau einer Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge als Anpassung des Gemeinschaftseigentums an den Stand der Technik gem. § 22 Abs. 2 WEG. Der Erwerb von Elektrofahrzeugen sei am Markt von diversen Anbietern möglich, die Technik sei ausgereift und serienfähig. Da Elektrofahrzeuge aber nur mit der Möglichkeit zum häuslichen Laden sinnvoll betrieben werden könnten, sei deshalb eine Lademöglichkeit am Stellplatz schon aus heutiger Sicht als Stand der Technik i.S.v. § 22 Abs. 2 WEG einzuordnen (so Rodi/Hartwig ZUR 2014, 592, 597). Die Gegenansicht hierzu vertritt schließlich das LG München I: Allein ihre umweltfreundliche Auswirkung erhebe derartige Ladestationen nicht zum Mindeststandard, auf den ein Individualanspruch bestehe (LG München I, Urt. v. 21.1.2016 – 36 S 2041/15, ZMR 2016, 569 = MietRB 2016, 228; dazu Dötsch MietRB 2016, 241 ff.).
Hinweis:
Schon diese kurze Skizzierung des Meinungsstandes zeigt ein sehr zersplittertes Bild. Von einer „herrschenden Ansicht“ kann schon für den „Normalfall“ einer Umstellung auf E-Mobilität nicht ausgegangen werden, geschweige denn von einer gesicherten Erkenntnis. Denn höchstrichterliche Judize oder ein erkennbarer Schwerpunkt in der fachliterarischen Diskussion bestehen schon gar nicht.
b) E-Bike
Geht es nicht um Autos, sondern um E-Bikes oder Pedilacs, kommt die Komponente einer angenommenen zweckwidrigen Nutzung des Stellplatzes hinzu, wenn es um die Herstellung einer elektromobilen Infrastruktur geht. So in dem folgenden Fall:
Beispiel:
(LG Hamburg, Urt. v. 17.7.2015 – 318 S 167/14, NZM 2016, 58)
Die Eheleute G, beide Miteigentümer in einer Wohnungseigentumsanlage, möchten ihr Auto abschaffen und dafür zwei E-Bikes kaufen. Deshalb beantragen sie die Zustimmung zur Montage eines Fahrradständers auf ihrem in ihrem Sondereigentum stehenden Tiefgaragenstellplatz sowie die Erlaubnis, dort ihre E-Bikes abstellen zu dürfen. Die Eigentümergemeinscha...