Anhörungsrechte des Betriebsrats sind gegenüber bloßen Informationsrechten insofern die stärkere Form der Beteiligung, als der Arbeitgeber dem Betriebsrat neben der Unterrichtung die Möglichkeit geben muss, seine Überlegungen in Form von Bedenken oder durch Widerspruch vorzubringen (BAG, Urt. v. 16.9.2004 – 2 AZR 511/03, AP Nr. 142 zu § 102 BetrVG 1972). Der Betriebsrat soll durch seine Argumente auf die Entscheidung des Arbeitgebers einwirken können. Der Arbeitgeber ist jedoch nicht zur Beratung der Angelegenheit mit dem Betriebsrat verpflichtet. Die Entscheidung selbst liegt ausschließlich bei ihm.
Das wichtigste Beispiel für ein solches Anhörungsrecht ist § 102 Abs. 1 BetrVG. Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung, also auch vor ordentlichen und außerordentlichen Kündigungen sowie Änderungskündigungen, anzuhören. Auch wenn ein Arbeitsverhältnis gekündigt wird, das noch keine sechs Monate bestanden hat (vgl. § 1 Abs. 1 KSchG), ist die vorangegangene Anhörung des Betriebsrats unverzichtbar. Ein Anhörungsrecht besteht allerdings nicht, wenn der Betriebsrat die Kündigung selbst verlangt hat (vgl. § 104 BetrVG) oder wenn der Betriebsrat noch nicht konstituiert oder funktionsunfähig ist. Bei Abschluss eines Aufhebungsvertrags oder bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Zeitablauf (Befristung) hat keine Anhörung zu erfolgen. Eine Anhörung hat vor und nicht nach der Kündigungsbekanntgabe stattzufinden.
Um dem Anhörungserfordernis gerecht zu werden, sind folgende Angaben gegenüber dem Betriebsrat unverzichtbar:
- die Person des Arbeitnehmers mit Personalien, sozialen Verhältnissen des Arbeitnehmers (Alter, Familienstand, Anzahl der Kinder, Betriebszugehörigkeit, besonderer Kündigungsschutz),
- die Art der Kündigung (außerordentlich oder ordentlich, ggf. hilfsweise ordentlich),
- die Kündigungsgründe mit dazugehörigen Erläuterungen,
- der Kündigungstermin und die Kündigungsfrist,
- bei einer Interessenabwägung zur Kündigung die entsprechenden Überlegungen des Arbeitgebers.
Der Betriebsrat ist ordnungsgemäß angehört, wenn ihm der Arbeitgeber die aus seiner Sicht subjektiv tragenden Kündigungsgründe mitgeteilt hat – sog. Grundsatz der subjektiven Determinierung (BAG, Urt. v. 23.10.2014 – 2 AZR 736/13, NZA 2015, 476; v. 12.9.2013 – 6 AZR 121/12, NZA 2013, 1412). Der für die Kündigung maßgebende Sachverhalt muss so genau und umfassend beschrieben werden, dass der Betriebsrat ohne zusätzliche eigene Nachforschungen in der Lage ist, selbst die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe zu prüfen und sich ein Bild zu machen.
Der Betriebsrat kann sich bei einer ordentlichen Kündigung spätestens innerhalb einer Woche bzw. bei einer außerordentlichen Kündigung innerhalb von drei Tagen schriftlich zu der Kündigungsabsicht des Arbeitgebers äußern. Die Frist kann einvernehmlich verlängert werden. Äußert er sich nicht innerhalb der Wochen- bzw. der Drei-Tagefrist, gilt gem. § 102 Abs. 2 BetrVG die Zustimmung zur beabsichtigten Kündigung erteilt.
Nach ordnungsgemäßer Durchführung des Anhörungsverfahrens kann der Arbeitgeber unabhängig von der Stellungnahme oder dem Widerspruch des Betriebsrats die beabsichtigte Kündigung aussprechen. Unterbleibt die Anhörung hingegen oder wird sie nicht ordnungsgemäß durchgeführt, ist die Kündigung gem. § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG unwirksam.