I. Sozialabgaben und andere Vorsorgeaufwendungen für Alter und Krankheit
1. Gesetzliche Vorsorgeaufwendungen
Vom Bruttoeinkommen ebenfalls abzuziehen sind die gesetzlichen Sozialabgaben, also die Beiträge zur gesetzlichen Renten-, Kranken-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung. Auch die Aufwendungen für eine ergänzende Altersvorsorge (z.B. durch private Lebensversicherung, Riester-Rente) sind im angemessenen Rahmen abzugsfähig (BGH FamRZ 2003, 1179; Einzelheiten s.u. I. 3).
Übersteigt das Einkommen die sog. Versicherungspflichtgrenze, dann entfällt die Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungspflicht. Notwendige freiwillige Vorsorge ist aber abzugsfähig. Die Versicherungspflichtgrenze beträgt 2019 bundeseinheitlich 60.750 EUR jährlich, entsprechend 5.062,50 EUR monatlich.
In der familienrechtlichen Praxis ist zu beachten, dass bestimmte Einkünfte sozialversicherungsfrei sind, also vor der Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge herausgerechnet werden müssen.
Hinweis:
Die Beitragssätze für Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung werden jährlich bundeseinheitlich festgesetzt. Bei den Krankenversicherungsbeiträgen ist darauf zu achten, den korrekten Beitragssatz der Krankenversicherung anzusetzen! Um das bereinigte Einkommen genau feststellen zu können, muss also die Krankenkasse des Betroffenen und deren aktueller Beitragssatz bekannt sein.
Die beitragspflichtigen Einkünfte werden nicht unbegrenzt zur Beitragsberechnung herangezogen, denn es gibt sog. Beitragsbemessungsgrenzen. Einkünfte, die diese Höchstbeträge überschreiten, sind beitragsfrei. Die Beitragsbemessungsgrenzen sind für die einzelnen Versicherungsarten unterschiedlich und werden jährlich neu festgesetzt.
2019 |
Renten- und Arbeitslosenversicherung |
Kranken- und Pflegeversicherung |
Gültigkeit |
Alte Länder und Berlin-West |
Neue Länder und Berlin-Ost |
Alte und neue Länder (einheitliche Grenze) |
Jahr |
80.400 EUR |
73.800 EUR |
54.450 EUR |
Monat |
6.700 EUR |
6.150 EUR |
4.537 EUR |
2. Beamte und Selbstständige
Für bestimmte Personen wie Beamte und Selbstständige besteht keine Sozialversicherungspflicht; hier können also keine gesetzlichen Abzüge Berücksichtigung finden. Notwendige und angemessene Vorkehrungen für die Altersversorgung und private Krankenversicherung sind aber unterhaltsrechtlich abzuziehen.
Bei Beamten ist die Altersversorgung über den Dienstherrn sichergestellt. Angesichts der Reduzierungen auch der Altersversorgungen im öffentlichen Dienst stellt sich die Frage der Angemessenheit einer zusätzlichen Altersversorgung (s.u. I., 3.). Bei Beamten fällt die private Krankenversicherung an, da der Dienstherr über die Beihilfe nur einen Teil der Kosten bei Erkrankungen übernimmt. Die Höhe des selbst zu deckenden Anteils ist von den Familienverhältnisses des Beamten abhängig, da die Beihilfe – je nach Familienstand und anrechenbarer Kinderzahl – die Kosten zu einem unterschiedlichen Anteil erstattet. Vermindert sich die Anzahl berücksichtigungsfähiger Kinder, so führt dies zu einer Reduzierung des Beihilfesatzes und zu einer entsprechenden Erhöhung des zu versichernden Anteils, also zu höheren Kosten bei der Krankenversicherung.
Auch Selbstständige haben an der gesetzlichen Rentenversicherung keinen Anteil. Ihnen ist aber ebenfalls eine angemessene Versicherung gegen Krankheit und Erwerbsunfähigkeit sowie eine Vorsorge für das Alter zuzubilligen. Teilweise wird dabei als Maßstab in Anlehnung an die Beitragssätze der gesetzlichen Rentenversicherung ein Anteil von 20 % des Bruttoeinkommens als angemessen angesehen (BGH FamRZ 2003, 860). In der Praxis wird auch eine soziale Absicherung in Höhe der doppelten Arbeitnehmerbeiträge der gesetzlichen Versicherungen anerkannt. Doppelte Beträge deshalb, weil der Selbstständige quasi auch seine Arbeitgeberanteile selbst aufbringen muss. Hinsichtlich der angemessenen Höhe bietet das, was während des Zusammenlebens der Ehepartner aufgewandt worden ist, eine Orientierung.
3. Zusätzliche Vorsorge für Alter und Krankheit
Die staatlichen Sicherungssysteme der Altersvorsorge reichen bekanntermaßen nicht mehr aus, so dass allen Personen angeraten wird, zusätzliche, eigene Vorsorge zu treffen, um auch nach Beendigung des Berufslebens einen angemessenen Lebensstandard sicherzustellen.
a) Angemessene Höhe der Aufwendungen
Der Unterhaltspflichtige darf aber auch Vorsorge für sein eigenes Alter treffen. Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie die Aufwendungen für eine angemessene Altersversorgung sind deshalb abzugsfähig. Hier wird ein Anteil von ca. 20 % des Bruttoeinkommens für die Altersversorgung akzeptiert (BGH NJW 2003, 1660 [BGH, Urt. v. 19.2.2003 – XII ZR 67/00]).
Es sind jedoch nach der Rechtsprechung des BGH noch zusätzliche Rücklagen für die Alterssicherung auch unterhaltsrechtlich als Abzugspositionen anzuerkennen:
- Beim Elternunterhalt als schwächerer Form einer Unterhaltsverpflichtung kann ein Betrag von weiteren 5 % des Bruttoeinkommens als angemessener Aufwand für eine zusätzliche Altersversorgung angesehen werden (BGH FamRZ 2004, 792 [BGH, Urt. v. 14.1.2004 – XII ZR 149/01]).
- Bei anderen Unterhaltsverhältnissen sind sowohl auf Seiten des Unterhaltsberechtigten als auch auf Seiten des Pflichtigen jeweils 4 % des Jahresbruttoeinko...