Das OLG Düsseldorf (StRR 5/2019, 22 = VRR 7/2019, 18 = VA 2019, 145) und auch das OLG Stuttgart (Beschl. v. 22.5.2019 – 4 Rv 28 Ss 175/19, VRR 7/2019, 16) haben sich mit der Frage befasst, welche Auswirkungen die Neuregelung des § 44 StGB ggf. auf den Inhalt der Urteilsgründe hat. Dabei geht es insbesondere um die Frage, ob in den schriftlichen Urteilsgründen die Frage behandelt werden muss, ob ein – zusätzlich zu einer Geldstrafe – angeordnetes Fahrverbot ggf. die Verhängung von kurzen Freiheitsstrafen entbehrlich machen kann. Das wird bejaht. Die Anordnung des Fahrverbots solle bei Delikten ohne Verkehrsbezug nach § 44 Abs. 1 S. 2 StGB "namentlich" dann in Betracht kommen, wenn sie zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung erforderlich erscheint oder hierdurch die Verhängung oder Vollstreckung einer Freiheitsstrafe verhindert werden kann. In dieser Aufzählung komme – neben dem Ziel, auf mit der Geldstrafe nicht hinreichend zu beeindruckende, etwa besonders vermögende Täter besser einwirken zu können – insbesondere auch der Wille des Gesetzgebers zum Ausdruck, durch die Neufassung des § 44 StGB und die dadurch bewirkte Erweiterung des Strafensystems für den Bereich der kleineren bis mittleren Kriminalität die Anordnung und Vollstreckung von Freiheitsstrafen in bestimmten Fällen zu vermeiden (BT-Drucks 18/11272, S. 14, 16 f.; Schöch NStZ 2018, 15, 16 ff.; krit. Fischer, StGB, 66. Aufl. 2019, § 44 Rn 7, 17 ff. m.w.N. [im Folgenden kurz: Fischer). Diese vom Gesetzgeber verfolgten Ziele würden durch die Einfügung des § 44 Abs. 1 S. 2 StGB betont, die auf die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses erfolgte, um den Gerichten "Leitlinien" für die Entscheidung an die Hand zu geben und die Fallkonstellationen hervorzuheben, bei denen die zusätzliche Verhängung des Fahrverbots im Falle allgemeiner Straftaten vornehmlich in Betracht kommt (BT-Drucks 18/12785, S. 43). Diese Ausweitung des Anwendungsbereichs der Nebenstrafe eines Fahrverbots auf allgemeine Straftaten begründeten zwar, wie auch § 267 Abs. 3 StPO deutlich macht, keine generelle Erörterungspflicht in Urteilen. Dementsprechend bedürfe es einer Auseinandersetzung mit der Frage, ob die Anordnung eines Fahrverbots zu erfolgen hat, insbesondere dann nicht, wenn es sich um ein Nichtverkehrsdelikt handelt, keine auf ein Fahrverbot gerichteten Anträge gestellt wurden und klar auf der Hand liege, dass die Anordnung des Fahrverbots unter keinem der in § 44 Abs. 1 S. 2 StGB genannten Gesichtspunkte in Betracht komme und auch sonst keine besonderen Umstände zu ihrer Anwendung drängen (OLG Düsseldorf, a.a.O.). Anders sei dies allerdings zu beurteilen, sofern die Umstände des Falls die Anordnung eines Fahrverbots naheliegend erscheinen lassen (OLG Düsseldorf, a.a.O.; OLG Stuttgart, a.a.O.), weil etwa eine Fallkonstellation nach § 44 Abs. 1 S. 2 StGB erörterungsbedürftig erscheint. In solchen Fällen könne die Nichtbehandlung der Frage, ob ein Fahrverbot anzuordnen ist oder dies zu unterbleiben hat, einen sachlich-rechtlichen Mangel begründen, der dann auf die Sachrüge zur Aufhebung des Urteils führt (OLG Stuttgart, a.a.O.).
Hinweis:
Das OLG Düsseldorf (a.a.O.) hat die Erforderlichkeit der Erörterung der Frage der Anordnung eines Fahrverbots im Urteil verneint bei einem zur Anwendung körperlicher Gewalt neigenden Straftäter, der bereits mehrfach einschlägig vorbestraft ist. Das OLG Stuttgart (a.a.O.) liefert für den Bereich der an sich nach § 47 StGB als Ausnahme gedachten kurzen Freiheitsstrafe einige Kriterien für die Anordnung, die allerdings deutlich machen, dass es sich letztlich um eine Frage des Einzelfalles handelt, ob eine Erörterung des § 44 StGB nach § 267 Abs. 3 StPO erforderlich ist oder nicht.