In einem vom OLG Frankfurt (Urt. v. 7.11.2019 – 6 U 61/19) entschiedenen Verfügungsverfahren ging es um die Frage der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte, sofern der Antragsgegner seinen Sitz im Ausland und die gerügten Wettbewerbsverstöße dort veranlasst hat. Antragsteller war ein rechtsfähiger Verband zur Förderung der gewerblichen Interessen des Handels mit E-Zigaretten; Antragsgegnerin war eine in Luxemburg ansässige Amazon-Gesellschaft, die einen Marketplace betreibt. Inhaltlich ging es um vermeintliche Verstöße gegen § 22 Abs. 1 Nr. 2 TabakerzG, auf die vorliegend nicht eingegangen wird. Das LG Frankfurt/Main (Urt. v. 2.4.2019 – 3-6 O 103/18) hatte erstinstanzlich antragsgemäß entschieden. Das OLG Frankfurt änderte diese Entscheidung ab und hob den einstweiligen Verfügungsbeschluss des LG Frankfurt/Main aus inhaltlichen Gründen auf.
Das OLG Frankfurt nahm die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte an. Das Gericht bezog sich diesbezüglich auf die Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 vom 12.2.2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen. Nach Art. 7 Nr. 2 dieser Verordnung kann eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden, und zwar, wenn eine unerlaubte Handlung den Gegenstand des Verfahrens bildet, vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht.
Die in Luxemburg ansässige Antragsgegnerin hatte keine deutsche Niederlassung. Das Gericht stellte fest, dass es sich bei dem vorgeworfenen Wettbewerbsverstoß, also dem gerügten Verstoß gegen § 22 Abs. 1 Nr. 2 TabakerzG, um eine unerlaubte Handlung handelt. Mit dem Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht, sei sowohl der Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs (sog. Erfolgsort) als auch der Ort des für den Schaden ursächlichen Geschehens (sog. Handlungsort) gemeint, sodass der Kläger die Wahl zwischen beiden Orten habe. Bei Wettbewerbsverletzungen im Internet sei der Erfolgsort im Inland – und damit in Deutschland – belegen, wenn sich der Internetauftritt bestimmungsgemäß dort auswirken solle. Indikator für die bestimmungsgemäße Auswirkung in Deutschland sei ein in deutscher Sprache gehaltener Internetauftritt. Im Übrigen sei das Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten sei, wegen der Nähe zum Streitgegenstand und der leichteren Beweisaufnahme besonders geeignet, den Rechtsstreit zu entscheiden. Unabhängig davon, dass damit der Erfolgsort in Deutschland gelegen habe, habe auch der Handlungsort in Deutschland gelegen. Verkaufsangebote, die elektronisch für Waren angezeigt werden, seien in dem Hoheitsgebiet als „begangen” anzusehen, in dem sie zu einer Werbung und zu einem Verkaufsangebot geworden seien, also in dem Gebiet, in dem der geschäftliche Inhalt den Verbrauchern, an die er gerichtet sei, tatsächlich zugänglich gemacht worden sei. Es sei nicht der Ort maßgeblich, an dem der Handelnde seine Website eingerichtet und die Anzeige seiner Werbung und Verkaufsangebote ausgelöst bzw. technische Maßnahmen zur Schaltung der Anzeige im Internet getroffen habe. Nach diesen Maßstäben sei auch der Handlungsort in Deutschland gelegen.
Diese Entscheidung bietet damit eine hinreichende Grundlage, um auf Basis der darin genannten Indizien zukünftig zu bestimmen, ob der Handlungs- und/oder der Erfolgsort in Deutschland gelegen ist, sodass deutsche Gerichte international zuständig sind. Es ist, wie dargestellt, grds. ausreichend, dass der Handlungs- oder der Erfolgsort in Deutschland gelegen ist.