Bei der Einlegung der Individualbeschwerde prüft das Gericht nur die Tatsachen, die in der Beschwerde vorgetragen werden. Dementsprechend ist auf erschöpfende Darlegung zu achten. Vorzutragen und durch Unterlagen zu belegen ist insb. auch die Erschöpfung der innerstaatlichen Rechtsbehelfe und die Einhaltung der Viermonatsfrist (§ 47 Abs. 2 lit. a VerfO-EGMR). Die Nichteinhaltung der Verpflichtungen aus Art. 47 Abs. 1 u. Abs. 2 VerfO-EGMR kann dazu führen, dass die Beschwerde vom Gerichtshof nicht sachlich geprüft wird.
Bei Unzulässigkeit der Beschwerde nach Art. 35 EMRK kann bereits der Einzelrichter eine entspr. Entscheidung treffen, ebenfalls dann, wenn aus den in Art. 37 genannten Gründen eine Beschwerde in dem Register des Gerichtshofs zu streichen ist (Art. 27 Abs. 1 EMRK).
Bei zulässiger Beschwerde übermittelt der Einzelrichter die Beschwerde zur weiteren Prüfung an einen Ausschuss oder eine Kammer (Art. 27 Abs. 3 EMRK). Nach Weitergabe entscheiden diese Spruchkörper über die Zulässigkeit und Begründetheit der Beschwerde, vgl. Art. 28 EMRK (Ausschüsse) und Art. 29 EMRK (Kammern). Der Großen Kammer – zum Verfahren dort s. Art. 71 ff. VerfO-EGMR – obliegt die Fortbildung und Einheitlichkeit der Rechtsprechung des Gerichtshofs, an sie ist ggf. nach Art. 30 EGMR das Verfahren von der Kammer abzugeben, nach näherer Maßgabe von Art. 43 EMRK kann nach einem Kammerurteil von jeder Partei die Große Kammer angerufen werden.
In der Regel entscheidet der EGMR im schriftlichen Verfahren, nur in seltenen Fällen wird mündlich verhandelt. Soweit eine mündliche Verhandlung stattfindet, ist diese öffentlich (Art. 63 Abs. 1 VerfO-EGMR), regelmäßig besteht dann Vertretungszwang (Art. 36 Abs. 2 und 3 VerfO-EGMR). Anstatt durch Urteil kann das Verfahren auch durch Vergleich einvernehmlich beendet werden (Art. 35 EMRK, Art. 62 VerfO-EGMR).
Regelungen über einstweilige Anordnungen bzw. zum einstweiligen Rechtsschutz enthält die EMRK nicht. Der EGMR kann jedoch gem. Art. 39 VerfO den Parteien vorläufige Maßnahmen empfehlen. In den weitaus meisten Fällen, in denen dies bisher geschah, betrafen sie die Auslieferung oder Abschiebung von Ausländern (Meyer-Ladewig/Nettesheim/von Raumer, a.a.O., Einleitung Rn 51). Eine Wiederaufnahme des Verfahrens ist unter den Voraussetzungen des Art. 80 EMRK möglich.
Gerichtskosten entstehen durch das Einlegen der Beschwerde nicht, Art. 50 EMRK. Für Anwaltshonorare und andere notwendige Auslagen kann Prozesskostenhilfe gewährt werden (Art. 100 ff. VerfO-EGMR und näher Beck’sches Prozessformularbuch X. 1 Rn 20). Nach § 3 Abs. 3b ARB 2005 (und später) werden von Rechtsschutzversicherern Anwaltskosten nicht geschuldet.