Nach Art. 3 Abs. 1 lit. a) der VO (EU) Nr. 528/2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozid-Produkten (Biozid-Verordnung) ist Biozid-Produkt
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- „jeglicher Stoff oder jegliches Gemisch in der Form in der er/es zum Verwender gelangt und der/das aus einem oder mehreren Wirkstoffen besteht, diese enthält oder erzeugt, der/das dazu bestimmt ist, auf andere Art als durch bloße physikalische oder mechanische Einwirkung Schadorganismen zu zerstören, abzuschrecken, unschädlich zu machen, ihre Wirkung zu verhindern oder sie in anderer Weise zu bekämpfen”,
- „jeglicher Stoff oder jegliches Gemisch, der/das aus Stoffen oder Gemischen erzeugt wird, die selbst nicht unter die erstgenannte Alternative fallen und der/das dazu bestimmt ist, auf andere Art als durch bloße physikalische oder mechanische Einwirkung Schadorganismen zu zerstören, abzuschrecken, unschädlich zu machen, ihre Wirkung zu verhindern oder sie in anderer Weise zu bekämpfen”.
Art. 69 Biozid-VO enthält Regelungen zur Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung von Biozid-Produkten. Diese Regelungen wenden sich an den sog. Zulassungsinhaber. Hierbei handelt es sich um die in der Union niedergelassene Person, die für das Inverkehrbringen eines Biozid-Produkts in einen bestimmten Mitgliedstaat oder in der Union verantwortlich und in der Zulassung genannt ist (Art. 3 Abs. 1 lit. p) Biozid-VO). An Personen, die nicht Zulassungsinhaber sind, richtet sich Art. 69 Biozid-VO nicht.
Jegliche Personen, d.h. auch (Online-)Händler, müssen sich – wie Zulassungsinhaber – an die Vorgaben der für die Werbung geltenden Regelung des Art. 72 Biozid-VO halten. Nach Art. 72 Abs. 1 Biozid-VO ist jeder Werbung für Biozid-Produkte (zusätzlich zur Einhaltung der Vorgaben der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008, sog. CLP Verordnung) folgender Hinweis hinzuzufügen:
Zitat
„Biozid-Produkte vorsichtig verwenden. Vor Gebrauch stets Etikett und Produktinformationen lesen.”
Diese Sätze müssen sich von der eigentlichen Werbung deutlich abheben und gut lesbar sein. Dies bedeutet, dass sich diese Hinweise nicht mit der eigentlichen Werbung in einem Fließtext befinden dürfen.
Nach Art. 72 Abs. 2 Biozid-VO darf in der Werbung das Wort „Biozid-Produkte” in den vorgeschriebenen Sätzen durch den eindeutigen Verweis auf die beschriebene Produktart ersetzt werden.
Besondere Aufmerksamkeit ist den Vorgaben des Art. 72 Abs. 3 Biozid-VO zu widmen. Hiernach darf in der Werbung für Biozid-Produkte das Produkt nicht in einer Art und Weise dargestellt werden, die hinsichtlich der Risiken des Produkts für die Gesundheit von Mensch, Tier oder für die Umwelt oder seiner Wirksamkeit irreführend ist. Die Werbung für ein Biozid-Produkt darf insoweit auf keinen Fall die Angaben „Biozid-Produkt mit niedrigem Risikopotenzial”, „ungiftig”, „unschädlich”, „natürlich”, „umweltfreundlich”, „tierfreundlich” oder ähnliche Hinweise enthalten.
Mit den Vorgaben dieser Regelung hatte sich das OLG Karlsruhe (Urt. v. 8.6.2022 – 6 U 95/21) zu beschäftigen. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt hatte ein Unternehmen ein Desinfektionsmittel in seinen Filialen und – unter Abbildung des Produkts samt Etikett sowie mit weiteren textlichen Angaben einschließlich einer „Produktbeschreibung” – im Internet zum Verkauf angeboten. Das Etikett trug unter der Produktbeschreibung insb. die – auch in der Produktbeschreibung auf der Internetseite der Beklagten enthaltene – Angabe „Ökologisches Universal-Breitband-Desinfektionsmittel” sowie weiter die Angaben „Hautfreundlich – Bio – Ohne Alkohol”.
Der Verein zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs vertrat die Ansicht, dass diese Angaben einen Verstoß gegen §§ 3, 3a UWG i.V.m. Art. 72 Abs. 3, 69 Abs. 2 S. 2 Biozid-VO darstellten und daher wettbewerbswidrig seien. Der Verein hat das Unternehmen vorgerichtlich abgemahnt. Da das Unternehmen keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hatte, beantragte der Antragsteller, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, „im geschäftlichen Verkehr Desinfektionsmittel, insbesondere ..., als "Ökologisches Universal-Breitband-Desinfektionsmittel" und/oder "Hautfreundlich" und/oder "Bio", in der Werbung (auch im Internet) oder auf dem Produktetikett zu bezeichnen oder zu vertreiben (jeweils selbst oder durch Dritte)”.
Das LG Karlsruhe (Urt. v. 25.3.2021 – 14 O 61/2020 KfH) hat antragsgemäß entschieden. Die dagegen seitens der Antragsgegnerin eingelegte Berufung hatte teilweise Erfolg. Im Hinblick auf einen Verstoß gegen Art. 69 Abs. 2 S. 2 Biozid-VO stellte das OLG Karlsruhe fest, dass ein Verstoß gegen diese Norm nicht gegeben sei, da das betroffene Unternehmen keine Normadressatin sei. Diese Regelung wende sich lediglich an den Zulassungsinhaber.
Einen Verstoß gegen die Vorgaben des Art. 72 Abs. 3 Biozid-VO nahm das OLG Karlsruhe teilweise an. Da das betroffene Unternehmen keine der in Art. 72 Abs. 3 S. 2 Biozid-VO genannten – unzulässigen – Angaben verwendet hatte, kam es darauf an, ob die von ihm verwendeten Angaben „ä...