Ein Händler hatte an das geschäftliche E-Mail-Postfach eines Unternehmens eine Werbe-E-Mail (medizinische Masken und Corona-Schnelltests betreffend) versendet, ohne dass hierfür eine Einwilligung vorlag oder eine geschäftliche Verbindung bestand. Die Empfängerin der E-Mail mahnte den Händler ab und wies darauf hin, dass eine Versendung der geforderten strafbewehrten Unterlassungserklärung vorab per Fax oder per E-Mail nur dann genüge, wenn das entsprechende Original bis zum 20.5.2021 bei der Unterlassungsgläubigerin eingehe. Am 18.5.2021 übermittelte der Händler per E-Mail eine inhaltlich dem Verlangen der Unterlassungsgläubigerin entsprechende Unterlassungsverpflichtungserklärung sowie eine per E-Mail-Anhang beigefügte unterschriebene Erklärung als PDF-Datei. Am 21.5.2021 beauftragte die E-Mail-Empfängerin ihren Rechtsanwalt mit der Erhebung der Unterlassungsklage und teilte dem Händler in einer E-Mail mit, dass die Angelegenheit mit der Übersendung der Unterlassungsverpflichtungserklärung mit E-Mail vom 18.5.2021 nicht erledigt sei, sondern sie den Vorgang zur Klageerhebung weitergeleitet habe. Am 24.5.2021 antwortete der Händler in einer E-Mail, dass er zwar die Auffassung zur Formbedürftigkeit der Unterlassungsverpflichtungserklärung nicht teile, aber dennoch das unterschriebene Original zur Post aufgegeben habe. Die E-Mail-Empfängerin (Klägerin) hatte gegen den Händler (Beklagten) umgehend Klage erhoben. Das Original der Unterlassungserklärung ging bei der Klägerin ein. Im Rechtsstreit hatte die Klägerin aber einen vor Klageerhebung erfolgten Zugang des Originals der Erklärung des Beklagten bestritten. Die Klägerin erklärte die Unterlassungsklage für erledigt. Der Beklagte widersprach der Erledigungserklärung, weil er die Erledigung bereits in der Übersendung der E-Mail-Unterlassungserklärung sah. Das AG Kirchheim unter Teck (Urt. v. 14.10.2021 – 1 C 216/21) stellte fest, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist und legte dem Beklagten die Kosten auf. Die Berufung des Beklagten zum LG Stuttgart (Urt. v. 30.3.2022 – 4 S 230/21) war erfolgreich. Das Berufungsgericht wies die Klage ab, ließ aber die Revision zu. Der BGH (Urt. v. 12.1.2023 – I ZR 49/22, ZAP EN-Nr. 312/2023, Unterwerfung durch PDF) hob das Berufungsurteil auf und gab der Klägerin im Ergebnis Recht. Er ging – insofern wie das Berufungsgericht – davon aus, dass die Übersendung der unterschriebenen Unterlassungsverpflichtungserklärung als PDF-Datei per E-Mail am 18.5.2021 den Anforderungen für die Beseitigung der Wiederholungsgefahr genügte. Zwar sei die Vereinbarung, auf die die Unterlassungsverpflichtungserklärung abzielt, ein abstraktes Schuldanerkenntnis und unterliege grds. dem Schriftformerfordernis (§§ 780 S. 1, 781 S. 1 BGB). Dieses Formerfordernis bestehe allerdings gem. §§ 343 Abs. 1, 350 HGB dann nicht, wenn die Unterlassungsverpflichtungserklärung – wie im vorliegenden Falle – von einem Kaufmann im Rahmen seines Handelsgewerbes abgegeben wird. Zwischenzeitlich habe sich im Geschäfts- und Rechtsverkehr die vom Gesetzgeber in § 126b BGB geregelte Textform durchgesetzt, für die bereits eine einfache E-Mail ausreiche.
Die Revision hatte jedoch im Ergebnis Erfolg. Im Streitfall konnte nach Ansicht des BGH von einem Wegfall der Wiederholungsgefahr infolge der mit E-Mail vom 18.5.2021 übersandten Unterlassungsverpflichtungserklärung nicht ausgegangen werden, weil es nach einer erst nach Verkündung des Berufungsurteils erfolgten Änderung der Rechtsprechung des BGH wegen der durch die Klägerin erklärten Ablehnung der Annahme der per E-Mail übersandten strafbewehrten Unterlassungserklärung an der für den Wegfall der Wiederholungsgefahr erforderlichen Abschreckungswirkung durch eine drohende Vertragsstrafenverpflichtung fehlt. Unter Abwägung von Vertrauensschutzerwägungen sei es dem Beklagten im vorliegenden Falle durchaus zuzumuten gewesen, für die Beurteilung seines Falls noch die frühere – sodann vom BGH aufgegebene – Rechtsprechung anzuwenden, nach der damals die Unterlassungserklärung per E-Mail bei geforderter Nachreichung des Originals nicht zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr geführt hat.
Festzuhalten ist damit, dass ein Kaufmann im Rahmen seines Handelsgeschäfts die PDF-Unterlassungserklärung per E-Mail abgeben darf. In anderen Fällen muss der Unterlassungsschuldner nach wie vor die schriftliche Unterlassungserklärung im Original übermitteln.