Die Regelungen über die „Zwangsvollstreckung in Forderungen und andere Vermögensrechte” nach den §§ 829 ff. ZPO gelten auch für die Pfändung von Sozialleistungen, soweit sie nicht durch speziellere Regelungen verdrängt werden. Eine solche speziellere Regelung stellt z.B. § 54 SGB I dar.
Hinweise:
1. § 54 SGB I erfasst nur Ansprüche auf Sozialleistungen i.S.v. § 11 SGB I (s. SRH/Waltermann, § 7 Rn 110). Sozialleistungen sind diejenigen Leistungen, die ein Sozialleistungsträger aufgrund der Vorschriften der besonderen Teile des SGB zur Verwirklichung der sozialen Rechte einer Person gewährt. Hierzu gehören Leistungsansprüche gegen berufsständische Versorgungswerke nicht. Allerdings können Versorgungswerke in der Satzung bestimmen, dass sich z.B. die Pfändbarkeit von Ansprüchen nach § 54 SGB I richtet, so der Sachverhalt bei BGH, Urt. v. 10.1.2008 (IX ZR 94/06, juris Rn 12) hinsichtlich der dort einschlägigen Satzung des Versorgungswerks der Rechtsanwälte in Sachsen.
2. § 54 SGB I enthält Pfändungsverbote bzw. -einschränkungen für Ansprüche auf Dienst- und Sachleistungen (Abs. 1), für einmalige Geldleistungen (Abs. 2) sowie für die in Abs. 3 und 5 angeführten Ansprüche. Abs. 4 der Vorschrift bestimmt, dass im Übrigen Ansprüche auf laufende Geldleistungen wie Arbeitseinkommen gepfändet werden. Die Verbote und Einschränkungen nach den Abs. 1–3 und 5 spielen bei dem hier vorliegenden Sachverhalt keine Rolle.
3. Das gesamte Vollstreckungsverfahren bei der Zwangsvollstreckung in Forderungen und andere Vermögensrechte richtet sich nach den Vorschriften der ZPO. Das nach § 829 ZPO zuständige Vollstreckungsgericht ist dabei nicht nur für die Anwendung der ZPO, sondern etwa auch für die Anwendung des § 54 SGB I verantwortlich (s. Kasseler Kommentar/Siefert, SGB I § 54, Rn 7).
Das Gericht prüft gleichwohl, ob seiner Auffassung der Umstand entgegenstehen kann, dass es sich bei den gepfändeten Forderungen um Ansprüche aufgrund einer berufsständischen Versorgung handelt, die ähnlich einer Sozialleistung zu behandeln sind. Die Alterssicherung durch berufsständische Versorgungswerke ist Teil der gegliederten Alterssicherungssysteme in Deutschland und weist zahlreiche strukturelle Übereinstimmung mit der gesetzlichen Rentenversicherung auf (s. näher SRH/Kemmler, § 22 Rn 4).
Im Sozialrecht bezieht sich das Pfändungspfandrecht (§§ 829, 804 Abs. 1 ZPO) nur auf die pfändbare Forderung. Ein vollständiger Eintritt des Vollstreckungsgläubigers in das gesamte Sozialrechtsverhältnis einschließlich seines Pflichtengefüges ist mit der Pfändung und Überweisung nicht verbunden (s. für die Abtretung BSG, Urt. v. 18.7.2006 – B 1 KR 24/05 R, juris Rn 14 m.w.N.). Der Gläubiger erhält demnach nur das begrenzte, ihm kraft der Pfändung zugewiesene Recht aus dem Gesamtkomplex der Rechtsbeziehung. Dieses Recht bleibt in das Sozialrechtsverhältnis als Stammrecht eingebunden und mit allen Einwendungen und Risiken belastet, die sich daraus ergeben (BSG, Urt. v. 6.2.1991 – 13/5 RJ 18/89, juris Rn 23 zur Abtretung). Dieser Grundlage – sozialrechtliche gebotener Schutz des Stammrechts – stimmt der BGH als Grenze der Vollstreckung in einen berufsständischen Anspruch auf Altersruhegeld zu.
Bisher war in der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht geklärt, welche Auswirkungen dieser Schutz auf den Übergang eines Leistungsantrags entsprechend § 401 BGB hat. In seinem Urt. v. 10.1.2008 (IX ZR 94/06, juris Rn 14, NJW 2004, 3770) hat der BGH die (Mit-)Pfändung eines Gestaltungsrechts – wie des Leistungsantrags – nur für möglich erachtet, wenn es eine „rein formelle Voraussetzung” für den Leistungsbezug darstellt, nicht aber, wenn es eine Befugnis von zentraler Bedeutung für das Sozialrechtsverhältnis beinhaltet. Unpfändbar ist danach das damals streitgegenständliche Recht, die Mitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk zu beenden und Erstattung gezahlter Beträge zu verlangen, da damit das Stammrecht erlischt (s. BGH, Urt. v. 10.1.2018 – IX ZR 94/06, juris Rn 17). Dort hat das Gericht die Frage nach der Mitpfändung „rein formeller Gestaltungsrechte” in entsprechender Anwendung von § 401 BGB offengelassen, weil hierüber nicht zu entscheiden war.