Ein Unternehmen hatte auf seiner Webseite ein Reinigungs- und Desinfektionsmittel, das unstreitig ein Biozid-Produkt darstellt, beworben. Die Webseite diente allerdings lediglich der Produktinformation (Schaufenster) und eröffnete keine Kaufmöglichkeiten. Das Unternehmen bot jedoch Cashback-Optionen an. Der bei Biozid-Produkten nach Art. 72 Abs. 1 S. 1 Biozid-Verordnung erforderliche Warnhinweis „Biozid-Produkte vorsichtlich anwenden. Vor Gebrauch stets Etikett und Pflichtinformationen lesen” war auf der Webseite nicht vorgehalten worden. Das LG Frankfurt a.M. (Urt. v. 5.12.2023 – 3-06 O 22/23) entschied – nach vorgerichtlich erfolgloser Abmahnung – antragsgemäß („... es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für die Reinigungs- und Desinfektionsmittel, ... ‘ und/oder, ... ‘ zu werben, ohne den Hinweis,Biozid-Produkte vorsichtig anwenden. Vor Gebrauch stets Etikett- und Produktinformationen lesen‘ deutlich vom Rest der Werbung abgehoben wiederzugeben ...”). Das Gericht begründete seine Ansicht damit, dass die auf der Webseite vorgehaltene Produktwerbung der Beklagten eine kommerzielle Kommunikation i.S.d. § 5b Abs. 4 UWG darstelle, da die Produktwerbung zumindest Mittel bei der Förderung des Absatzes von Waren sei. In diesem Zusammenhang kam der vorgesehenen Cashback-Option entscheidende Bedeutung zu. Die Wesentlichkeit i.S.d. § 5a Abs. 1 UWG ergebe sich aus § 5b Abs. 4 UWG, da es sich bei dem Hinweis für Biozid-Produkte um eine Information handele, die dem Verbraucher aufgrund der Regelung des Art. 72 Abs. 1 Biozid-Verordnung nicht vorenthalten werden dürfe.
Mit diesen Regelungen der Biozid-Verordnung beschäftigte sich kürzlich auch das LG Heidelberg (Urt. v. 7.2.2024 – 11 O 18/23 KfH). In dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt hatte ein Unternehmen bei Google eine Werbeanzeige für das Produkt „E Desinfektions-Vollwaschmittel Trommel 6 kg” zu einem Preis von 31,92 EUR geschaltet. Sofern ein Interessent die Werbeanzeige anklickte, wurde er auf die Webseite des Unternehmens weitergeleitet. Dort musste er das Produkt in den Warenkorb legen und den Warenkorb anklicken. Zu dem nach Art. 72 Abs. 1 Biozid-Verordnung geforderten Warnhinweis gelangte ein Interessent erst dann, wenn er auf der Webseite des Unternehmens das mit einem Link versehene Wort „Mehr” anklickte. Ohne Anklicken dieses Links konnte der Interessent den Warnhinweis nicht erkennen. Die Zentrale zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs (Wettbewerbszentrale) mahnte das betroffene Unternehmen u.a. wegen Verstoßes gegen Art. 72 Abs. 1 Biozid-Verordnung ab. Da das Unternehmen die geforderte Unterlassungserklärung nicht abgab, erhob die Wettbewerbszentrale Klage zum LG Heidelberg. Dieses entschied antragsgemäß. Der Anspruch ergebe sich aus § 8 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 3a UWG i.V.m. Art. 72 Abs. 1 Biozid-Verordnung, da der erforderliche Warnhinweis erst nach der Produktbeschreibung nach Anklicken des Links „Mehr” erfolge. Ein deutliches Abheben von der eigentlichen Werbung sowie eine gute Lesbarkeit (Art. 72 Abs. 1 S. 2 Biozid-Verordnung) seien nicht erfüllt, wenn der Hinweis erst durch Anklicken eines Links aufgefunden werden könne. Denn aus der Vorgabe, dass sich der Hinweis von der Werbung abheben müsse, ergebe sich, dass er sich bei der eigentlichen Werbung befinden müsse. Durch diese Vorgaben solle verhindert werden, dass sich der Leser bei einer Kaufentscheidung der Gefahren des Produktes nicht bewusst sei. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass nicht jede durch die Werbung angesprochene Person sich veranlasst sehe, den vorgehaltenen Link überhaupt anzuklicken.