Sowohl auf Websites als auch in sozialen Medien werden regelmäßig Beiträge veröffentlicht, in denen unwahre Tatsachenbehauptungen oder herabsetzende Äußerungen über Mitbewerber u.a. verbreitet werden. In solchen Fällen verlangt die betroffene Person i.d.R. die Veröffentlichung einer Gegendarstellung. Diesbezüglich macht § 20 MStV Vorgaben für deren Ausgestaltung. Hiernach sind Anbieter von Telemedien mit journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten verpflichtet, unverzüglich eine Gegendarstellung der Person, die durch eine in ihrem Angebot aufgestellte Tatsachenbehauptung betroffen ist, ohne Kosten für den Betroffenen in ihr Angebot aufzunehmen. Die Gegendarstellung ist ohne Einschaltung und Weglassung in gleicher Aufmachung wie die Tatsachenbehauptung anzubieten. Sie muss so lange wie die Tatsachenbehauptung in unmittelbarer Verknüpfung mit ihr angeboten werden.
Wie der Begriff der „gleichen Aufmachung” i.S.d § 20 Abs. 1 S. 2 MStV zu verstehen ist, war kürzlich Gegenstand einer Entscheidung des KG Berlin (Beschl. v. 8.5.2024 – 10 W 38/24). Dieser lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Die beanstandete Tatsachenbehauptung war ein von dem Geschäftsführer der (späteren) Schuldnerin gesprochener Text gewesen, der Gegenstand eines Videos war. Das LG Berlin hatte der (späteren) Schuldnerin – im vorangegangenen Erkenntnisverfahren – aufgegeben, „in gleicher Aufmachung wie die Tatsachenbehauptung in dem am 2.10.2023 veröffentlichten Video (..) unter der URL (...) unverzüglich, ohne Einschaltung und Weglassung, ohne Kosten für den Antragssteller und ohne zusätzliches Abrufentgelt folgende Gegendarstellung in ihr Angebot aufzunehmen (...) und diese solange wie die Tatsachenbehauptung in unmittelbarer Verknüpfung mit ihr anzubieten”. Die (spätere) Schuldnerin hatte aufgrund dessen das von ihr am 2.10.2023 veröffentlichte Video verändert. Anstelle der ursprünglichen Tatsachenbehauptung wurde danach Musik eingespielt und an der betroffenen Stelle im Video ein Text eingeblendet.
Die Gläubigerin beanstandete – im Zwangsvollstreckungsverfahren –, dass diese von der Schuldnerin gewählte Form der Aufmachung nicht den Vorgaben des § 20 Abs. 1 S. 2 MStV gerecht werde. Dieser Sichtweise hatte sich das LG Berlin II mit Beschl. v. 21.2.2024 – 27 O 452/23 angeschlossen. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Schuldnerin wurde zurückgewiesen (KG Berlin, Beschl. v. 8.5.2024 – 10 W 38/24). Nach dessen Ansicht verlangt der Begriff der „gleichen Aufmachung” in § 20 Abs. 1 MStV zwar keine Identität. Notwendig sei aber eine mit der Erstinformation gestaltungsidentische Darstellung. Hierfür sei entscheidend, dass die Gegendarstellung die gleiche Aufmerksamkeit wie die Erstinformation finde. Es müsse sichergestellt werden, dass der gleiche Interessentenkreis erreicht und der gleiche Grad an Aufmerksamkeit gewährleistet werde. Sofern daher die beanstandete Erstinformation in einem gesprochenen Video („gesprochener Text”) enthalten sei, verlange die Anforderung der „gleichen Aufmachung”, dass auch die Gegendarstellung gesprochen werde. Im Übrigen fordere § 20 Abs. 1 S. 3 MStV, dass die Gegendarstellung solange wie die Tatsachenbehauptung „in unmittelbarer Verknüpfung” mit ihr angeboten werde. Es müsse damit neben der Erstinformation eine weitere Information geben, die mit der Erstinformation verknüpft werde. Es sei nicht ausreichend, wenn der Schuldner die Tatsachenbehauptung in der Erstinformation lösche und an ihrer Stelle, d.h. in der Erstinformation, die Gegendarstellung veröffentliche.
ZAP F., S. 897–918
Von Rechtsanwalt Dr. Harald Schneider, Fachanwalt für IT-Recht, Siegburg und Rechtsanwalt Guido Vierkötter, LL.M. (Gewerblicher Rechtsschutz), Neunkirchen-Seelscheid