Können sich die Ehegatten nicht einigen, wer die Wohnung künftig nutzen soll, so gibt § 1568a Abs. 1 BGB dem Ehegatten einen Anspruch auf Überlassung der Wohnung, wenn er „unter Berücksichtigung des Wohls der im Haushalt lebenden Kinder und der Lebensverhältnisse der Ehegatten in stärkerem Maße auf die Ehewohnung angewiesen ist“. Der Anspruch ist gegenüber dem anderen Ehegatten geltend zu machen. Bleibt die weitere Nutzung der Ehewohnung unter den Eheleuten streitig, so kann jeder Ehegatte durch gerichtlichen Antrag eine Regelung im Hinblick auf die Übernahme der Mietwohnung erreichen, die mietvertragsändernde Wirkung hat und deshalb auch gegenüber dem Vermieter wirksam ist (§ 1568a Abs. 1 BGB). Die Rechtsänderung tritt in diesem Fall mit der Rechtskraft der Entscheidung im Wohnungszuweisungsverfahren ein (§ 1568a Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB). Ist ein solcher Wohnungszuweisungsantrag rechtshängig, so ist ein daneben geführter Rechtsstreit über die Wohnungsräumung durch das Zivilgericht bis zur familienrechtlichen Entscheidung über die Wohnungszuweisung auszusetzen (BVerfG FamRZ 2006, 1596 = NZM 2007, 479).
a) Im Haushalt lebende Kinder
Können sich die Eheleute nicht über die künftige Ehewohnung einigen, so gilt die gesetzliche Zuweisungsregelung in § 1568a Abs. 1 BGB. Danach hat ein Ehegatte Anspruch auf Überlassung der Wohnung, wenn er auf deren Nutzung in stärkerem Maße angewiesen ist als der andere Ehegatte. Hierbei sind alle Umstände des Einzelfalls, vor allem aber das Wohl der Kinder zu berücksichtigen. Wird das Kindeswohl durch einen Wohnungswechsel beeinträchtigt, wird die Wohnung grundsätzlich demjenigen Elternteil zugesprochen, bei dem die Kinder verbleiben sollen. Für den nicht sorgeberechtigten Ehegatten ist es als Alleinstehenden zudem einfacher, auf dem Wohnungsmarkt eine Ersatzwohnung zu finden. Auf diese Weise sind die Übertragung der elterlichen Sorge und die Zuweisung der Wohnung häufig miteinander verknüpft. Gleichwohl sind weder die Kinder noch das Jugendamt am Zuweisungsverfahren beteiligt (Blank WuM 2009, 555, 556).
b) Lebensverhältnisse der Ehegatten
Ist der Gesichtspunkt des Kindeswohls nicht ausschlaggebend, kommt es vor allem auf die Lebensverhältnisse der Ehegatten wie Alter und Gesundheitszustand sowie ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse an. Dem wirtschaftlich stärkeren und gesundheitlich stabileren Ehegatten ist es i.d.R. eher zuzumuten, sich um eine Ersatzwohnung zu kümmern. Auch die Nähe der Wohnung zum Arbeitsplatz eines Ehegatten kann hier von Bedeutung sein. Schließlich ist zu berücksichtigen, welcher Ehegatte sich besser in die übrige Hausgemeinschaft einfügen kann. Dieser Umstand spielt insbesondere dann eine Rolle, wenn es in der Vergangenheit zu Vertragsverletzungen durch einen der Ehepartner gekommen ist. Auf die Ursachen der Ehescheidung und die Schuld am Scheitern der Ehe kommt es dagegen nicht an, falls nicht ausnahmsweise das Fehlverhalten eines Ehegatten derart ins Gewicht fällt, dass eine Außerachtlassung dieses Umstands bei der Zuweisung der Wohnung zu unbilligen Ergebnissen führen würde (Blank WuM 2009, 555, 556).
c) Pflichten des weichenden Ehegatten
Im Falle der Zuweisung hat der andere Ehegatte alles zu unterlassen, was geeignet ist, die Nutzung zu erschweren, auch wenn § 1568a BGB eine solch explizite Regelung nach dem Vorbild des § 1361b Abs. 3 S. 1 BGB nicht vorsieht. Ist der andere Ehegatte alleiniger Mieter, so darf er das Mietverhältnis insbesondere nicht kündigen. Eine gleichwohl erklärte Kündigung ist gegenüber dem Vermieter aber wirksam. Helfen kann dem bisher vertragslosen Nutzer aber unter Umständen sein Anspruch auf Abschluss eines neuen Mietvertrags aus § 1568a Abs. 5 BGB.
d) Sonderkündigungsrecht des Vermieters
Dem Vermieter wird im Fall der gesetzlichen Änderung des Mietvertrags auf einen Ehegatten ein Sonderkündigungsrecht zugebilligt (§ 563 Abs. 4 BGB analog, § 1568a Abs. 3 S. 2 BGB). Er kann das geänderte Mietverhältnis mit gesetzlicher Kündigungsfrist (drei Monate) kündigen, wenn hierfür ein wichtiger Grund in der Person des neuen (Allein-)Mieters oder in damit zusammenhängenden Umständen vorliegt. Entscheidend ist, ob die Fortsetzung des Mietverhältnisses dem Vermieter zugemutet werden kann oder nicht. Anhaltspunkte dafür, dass der verbleibende Ehegatte den Hausfrieden stört oder die Mietsache beschädigt, persönliche Feindschaft im Verhältnis zum Vermieter, ein anstößiger Lebenswandel oder Zahlungsunfähigkeit können dabei jeweils einen wichtigen Grund ausfüllen. Erhaltene öffentliche Mittel in Form von Wohngeld oder Sozialhilfe auf Seiten des Mieters sind dabei zu berücksichtigen. Dem Vermieter steht eine einmonatige Überlegungsfrist dafür zu, ob er von diesem Kündigungsrecht Gebrauch machen will. Die Frist beginnt mit Zugang der Erklärung der Mieter oder mit Kenntnis der Rechtskraft der Überlassungsentscheidung des Familiengerichts (OLG Hamm MDR 2015, 20 = FamRZ 2015, 667). Sonstige Kündigungsrechte aus dem Wohnungsmietrecht bleiben ebenfalls unbenommen. Für die Kündigung des Vermieters bedarf es eines gesetzlich anerkannten Kündigungsgrundes.