I. Vorbemerkung
Der Vermieter kann dem Wohnraummieter nach § 573 Abs.1 u. 2 Nr. 1 BGB ordentlich wegen einer nicht nur unerheblichen und schuldhaften Pflichtverletzung des Mieters und nach §§ 543 Abs. 1 u. 2 Nrn. 3 a) und b), 569 Abs. 3 u. 4 BGB außerordentlich und fristlos kündigen, sofern der Mieter über einen relevanten Zeitraum unberechtigter Weise zu wenig Miete gezahlt hat. Eine fristlose Kündigung ist wirksam, wenn der Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete mit einem Betrag von mehr als einer Monatsmiete in Verzug gerät (§ 543 Abs. 2 Nr. 3a) i.V.m. § 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB) oder in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Monate erstreckt, mit einer Miethöhe in Rückstand gerät, welcher die Miethöhe von zwei Monaten erreicht (§ 543 Abs. 2 Nr. 3b) BGB).
Von besonderer Praxisrelevanz ist in diesem Zusammenhang die häufig auftreffende Konstellation, dass der Mieter angebliche Mängel der Mietsache behauptet, welche der Vermieter angeblich nicht bzw. nicht ausreichend behoben hat, so dass der Mieter aus seiner Sicht zur Mietminderung berechtigt, sprich zu einer nur verminderten Mietzahlung verpflichtet ist. Regelmäßig ist der Vermieter der Auffassung, dass entweder gar kein zur Mietminderung berechtigender Mangel vorliegt oder er einen solchen ordnungsgemäß beseitigt hat, so dass jedenfalls kein Recht zur Mietminderung (mehr) besteht bzw. es sich lediglich um solche Beeinträchtigungen handelt, die so gering sind, dass sie der Mieter ohne Minderungsrecht hinzunehmen habe. Alle Fälle der genannten Konstellation haben gemein, dass der Mieter nach Mängelanzeige und ggf. Aufforderung zur Mängelbeseitigung den Mietzins in einer geminderten Höhe an den Vermieter erbringt, der Vermieter seinerseits die Mängel zurückweist und nach Erreichung eines ausreichenden Mietrückstands eine fristlose und i.d.R. hilfsweise ordentliche Kündigung wegen ebendieser Mietrückstände erklärt.
Entscheidend für den Erfolg der Räumungsklage ist, ob die Mietwohnung tatsächlich mangelbehaftet i.S.v. § 536 BGB ist und ggf. in welcher prozentualer Höhe eine Minderung gerechtfertigt ist. Weiter ist neben der Mietminderung zu beachten, dass dem Mieter ein Zurückbehaltungsrecht aus § 320 BGB und § 273 BGB gestützt auf den Anspruch auf Mängelbeseitigung zustehen kann, der neben der Mietminderung geltend gemacht werden kann, so dass ein möglicher schuldhafter Mietrückstand, der für eine hierauf gestützte Kündigung erforderlich ist, nicht gegeben sein kann.
II. Vorfrage: Rechtzeitigkeit der Mietzahlung
Der Mieter kommt mit seiner monatlichen Mietzahlung in Verzug, wenn er diese nicht zum vereinbarten Zeitpunkt leistet, wobei es keiner besondere Mahnung bedarf, weil sich der Leistungszeitpunkt entweder aus dem Gesetz (§ 556b Abs. 1 BGB) oder aus der mietvertraglichen Vereinbarung (§ 286 Abs. 2 BGB) ergibt (Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 13. Aufl. 2017, § 543 Rn 92). Für die in der Praxis zumeist verwendete Zahlungsmethode mittels eingerichteten Dauerauftrags des Mieters folgt nach h.M. aus der Richtlinie 2000/35/EG und einem Urteil des EuGH vom 3.4.2008 (Erste Kammer – C-306/06) hinsichtlich der Rechtzeitigkeit der Mietzahlung, dass die Mietzahlung als sog. qualifizierte Schickschuld einzuordnen ist, so dass für die Rechtzeitigkeit der Zeitpunkt die (letzte) Leistungshandlung und nicht der Eintritt des Leistungserfolges ist (BGH, Urt. v. 5.10.2016 – VIII ZR 222/15; Staudinger/Emmerich, Neubearbeitung 2018, § 556b Rn 14a; Schmidt-Futterer/Blank, a.a.O., § 543 Rn 94a, 94b m.w.N. zu den nach wie vor in der Literatur vertretenen Gegenauffassungen). Für die Rechtzeitigkeit der Zahlung der Miete genügt also regelmäßig die Erteilung des Überweisungsauftrags durch den Mieter spätestens am dritten Werktag eines jeden Monats, auch wenn das Geld erst später dem Vermieterkonto gutgeschrieben wird.
Praxishinweis:
In der Praxis wird auf Vermieterseite häufig übersehen, dass daher eine Kündigung wegen unpünktlicher Mietzahlungen und/oder Zahlungsverzugs nicht von vornherein darauf gestützt werden kann, dass die Miete nicht spätestens am dritten Werktag dem Vermieterkonto gutgeschrieben wurde, da die Verzögerungsgefahr der Vermieter und der Mieter lediglich die Verlustgefahr trägt. Aus Vermietersicht sollte daher sicherheitshalber frühestens am sechsten Werktag eines jeden Monats gekündigt werden, da bei einer Überweisung von einem deutschen Mieter- auf ein deutsches Vermieterkonto davon ausgegangen werden kann, dass das Geld in diesem Fall spätestens am sechsten Werktag auf dem Vermieterkonto auch gutgeschrieben wird, sofern der Überweisungsauftrag am dritten Werktag tatsächlich erteilt wurde.
III. Mietminderung wegen Mangelhaftigkeit der Mietsache (§ 536 Abs. 1 BGB)
Voraussetzung einer Mietminderung nach § 536 Abs. 1 S. 1 BGB ist, dass der tatsächliche Zustand der Mietsache negativ von der durch Vertrag oder Verkehrssitte definierten Sollbeschaffenheit abweicht, so dass der Mieter an der Ausübung seines mietvertraglichen Gebrauchs mehr als nur unerheblich gehindert wird (ganz h.M. vgl. BGH, Urt. v. 29.4.2015 – VIII ZR 197/14; Staudinger/Emmerich, a.a.O., § 536...