Nach § 165 Abs. 1 S. 1 SGB III haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Anspruch auf Insolvenzgeld (Insg), wenn sie im Inland beschäftigt waren und bei einem Insolvenzereignis (s. § 165 Abs. 1 S. 2 SGB III) für die vorausgegangenen 3 Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben.
Vorliegend kam in Betracht, dass während des Insolvenzgeldzeitraums ein Betriebsübergang nach § 613a BGB erfolgt war. Das LSG hielt diesen Umstand für unerheblich und ließ ihn offen. Es widerspreche dem Zweck des Insg, wenn Arbeitnehmer nach einer durch ein gesetzliches Insolvenzereignis eingetretenen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers auf das Ergebnis des Insolvenzverfahrens bzw. die Geltendmachung von ausstehenden Arbeitsentgeltansprüchen gegen Dritte verwiesen werden.
Das BSG folgt dem nicht, hob das Berufungsurteil auf, verwies den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurück (BSG, Urt. v. 26.2.2019 – B 11 AL 3/18 R).
Das Gericht führt aus: Wegen eines Insolvenzereignisses bei dem (bisherigen) Arbeitgeber steht Insg nur bis zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs zu. Dies folgt aus § 613a BGB. Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser nach § 613a Abs. 1 S. 1 BGB in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein, soweit Arbeitnehmer dem Übergang nicht widersprechen (s. insoweit § 613a Abs. 6 BGB). Nur für Verpflichtungen, die vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind, haften bisheriger Arbeitgeber und neuer Inhaber als Gesamtschuldner (§ 613 a Abs. 2 BGB). Gesichert wird durch InsG nicht jegliches ausgefallene Arbeitsentgelt im Zusammenhang mit einer Insolvenz, sondern nur arbeitsrechtliche Ansprüche der Arbeitnehmer gegen konkrete Arbeitgeber. Ansprüche bestehen aber für die Zeit nach dem Betriebsübergang nur noch gegenüber dem neuen Arbeitgeber.
Hinweise:
1. Im Falle gesamtschuldnerische Haftung nach § 613a Abs. 2 BGB besteht, wie das BSG früher entschieden hat, ein Anspruch: Das Gesetz sieht nicht vor, dass der Anspruch auf InsG nicht oder erst entsteht, wenn auch der Dritte zahlungsunfähig geworden ist, BSG 2.11.2000 – B 11 AL 23/00 R.
2. InsG ist innerhalb der (materiellrechtlichen) Ausschlussfrist des § 324 Abs. 3 S. 1 SGB III von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis zu beantragen. Die Frist verlängert sich bei unverschuldeter Fristversäumnis um weitere zwei Monate nach Wegfall des Hinderungsgrundes (§ 324 Abs. 3 S. 2 SGB III). Den maßgeblichen Sorgfaltsmaßstab regelt § 324 Abs. 3 S. 3 SGB III.
3. Für das Vorliegen eines Betriebsübergangs trägt die Agentur für Arbeit die objektive Beweislast.