Die nachfolgende Rechtsprechungsübersicht enthält Entscheidungen zur Strafzumessung aus dem Berichtszeitraum:
Sachverhalt |
Begründung |
Das Tatgericht führt aus, dass, da der vertypte Strafmilderungsgrund nach § 23 Abs. 2 StGB bereits zur Strafrahmenverschiebung gem. § 49 Abs. 1 StGB geführt habe, das Vorliegen des Versuchs als solchem gemäß § 50 StGB nicht mehr bei der Strafzumessung im engeren Sinne berücksichtigt werden dürfe. |
Fehlerhaft, da das Verbot der Doppelverwertung gem. § 50 StGB nur für die Strafrahmenbestimmung gilt. Für die konkrete Strafzumessung ist hingegen eine Gesamtbetrachtung aller Umstände geboten, darunter auch derjenigen, die eine Strafrahmenmilderung bewirkt haben; diese sind mit verringertem Gewicht in die Gesamtwürdigung einzustellen (st. Rspr.; BGH, Beschl. v. 23.10.2019 – 1 StR 355/19; vgl. auch noch BGH, Beschlüsse v. 4.2.2014 – 3 StR 452/13 und v. 9.12.1992 – 2 StR 535/92; Fischer, StGB, 65. Aufl. 2020, § 50 Rn 6). |
Bei der Strafzumessung für eine vollendete Diebstahlstat in besonders schwerem Fall gem. § 243 Abs. 1 S. 1 StGB hat das Tatgericht – nach Bejahung der Regelwirkung – im Rahmen der Strafzumessung im engeren Sinne straferschwerend berücksichtigt, dass der Angeklagte ein die Regelwirkung auslösendes Regelbeispiel, nämlich das des Einbruchs in einen umschlossenen Raum (§ 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Var. 1 StGB), verwirklichte. |
Unzulässig, denn die tatbestandsähnlich umschriebenen Regelbeispiele, die regelmäßig zu einem bestimmten verschärften Strafrahmen führen, sind den „Merkmalen des gesetzlichen Tatbestandes” i.S.d. § 46 Abs. 3 StGB gleichzustellen. Umstände, die bereits ein Regelbeispiel begründet und den Strafrahmen festgelegt haben, dürfen also nicht nochmals herangezogen werden, um die konkret zu verhängende Strafe zu bemessen (BGH, Beschl. v. 6.8.2019 – 1 StR 305/19). |
Die Strafkammer hat strafschärfend berücksichtigt, dass der Angeklagte in seiner Einlassung das Opfer in besonderer Weise verächtlich gemacht habe, indem er ihm abseitige sexuelle Interessen unterstellt habe. |
Ggf. zulässiges Verteidigungsverhalten, denn soweit eine Äußerung sich als zulässiger Teil der Verteidigung des Angeklagten darstellt und nicht lediglich dem Zweck dient, das Tatopfer herabzuwürdigen, darf sie nicht straferschwerend gewertet werden (BGH, Beschl. v. 21.11.2019 – 4 StR 546/19). |
Berücksichtigung von psychischen Beeinträchtigungen von Tatopfern |
Handelt es sich bei psychischen Beeinträchtigungen von Tatopfern um Folgen aller Taten, so können diese dem Angeklagten lediglich bei der Gesamtstrafenbildung uneingeschränkt angelastet werden. Nur wenn sie unmittelbare Folge bereits einzelner Taten sind, können sie mit ihrem vollen Gewicht bei der Bemessung der Einzelstrafe dafür in Ansatz gebracht werden (BGH, Beschl. v. 5.11.2019 – 2 StR 469/19). |
Bei Bemessung der Strafe wird zulasten des Angeklagten gewertet, dieser sei in der Hauptverhandlung nicht eingeschritten, „als der ihm persönlich verbundene Zeuge M. sich allein belastete, die Anwesenheit des Angeklagten in der Wohnung bestritt und sich so der Gefahr der strafrechtlichen Verfolgung wegen eines Aussagedelikts aussetzte ”. |
Unzulässig, wenn nicht festgestellt ist, dass der Angeklagte den Zeugen zu den Angaben verleitet oder ihn in Kenntnis seiner Bereitschaft hierzu als Zeugen benannt hat. Das lässt besorgen, dass das bloße Dulden einer falschen Zeugenaussage zum Nachteil des Angeklagten gewichtet worden ist. Das ist unzulässig (BGH, Beschl. v. 21.5.2019 – 5 StR 231/19). |
Das Tatgericht geht von einem durchgeführten Täter-Opfer-Ausgleich aus (§ 46a StGB). |
Für die Annahme eines friedensstiftenden Ausgleichs i.S.v. § 46a Nr. 1 StGB ist auch ein adäquater Ausgleich für die dem Tatopfer entstandenen materiellen Schäden vorzunehmen (BGH, Urt. v. 15.1.2020 – 2 StR 412/19). |
Tatzeit und Tatort werden strafschärfend berücksichtigt. |
Durchgreifende Bedenken, wenn es sich um ambivalente Umstände handelt, die für sich gesehen nichts über die Schuld des Täters besagen; dies gilt, soweit nicht Besonderheiten des Falls ausnahmsweise eine andere Betrachtung rechtfertigen (BGH, Urt. v. 4.12.2018 – 1 StR 477/18). |
Es wird strafschärfend gewertet, die Tat sei geeignet, das Rechtsempfinden und Sicherheitsgefühl der Bevölkerung empfindlich zu stören. |
Rechtlich bedenklich, denn die Erwägung lässt besorgen, dass sich das Tatgericht rechtsfehlerhaft von generalpräventiven Erwägungen zur Verteidigung der Rechtsordnung leiten ließ und damit der erforderliche Bezug zur konkreten Tat und ihren tatsächlichen Bezügen aus dem Blick geraten ist; dies gilt jedenfalls dann, wenn die Annahme, die Tat sei geeignet, das Rechtsempfinden und Sicherheitsgefühl der Bevölkerung empfindlich zu stören, i.Ü. auch nicht hinreichend belegt ist (BGH, Urt. v. 4.12.2018 – 1 StR 477/18). |
Die Herstellung eines Videoclips des Geschädigten wird zur Strafschärfung herangezogen. |
Grundsätzlich zulässig, aber: Die Wertung, dass darin eine Verrohung der Sitten zum Ausdruck komme, der in aller Deutlichkeit... |