Eine Arbeitnehmerüberlassung – häufig als Leiharbeitsverhältnis bezeichnet – liegt vor, wenn ein selbständiger Unternehmer (Verleiher) einen seiner Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer), mit dem er einen Arbeitsvertrag geschlossen hat, vorübergehend an einen anderen Unternehmer (Entleiher) überlässt. Leiharbeitnehmer werden regelmäßig eingesetzt, wenn es darum geht, flexibel auf einen unterschiedlichen Beschäftigungsbedarf zu reagieren. Der Vorteil besteht darin, dass der Entleiher bei Bedarf schnell auf Leiharbeitnehmer zurückgreifen, diese jedoch genauso leicht – etwa nach Erledigung eines größeren Auftrags – wieder abbauen kann. Da die Leiharbeitnehmer nicht bei ihm angestellt sind, gilt das KSchG nicht.
Die Überlassung und das Tätigwerdenlassen von Arbeitnehmern als Leiharbeitnehmer sind nur zulässig, soweit zwischen dem Verleiher und dem Leiharbeitnehmer ein Arbeitsverhältnis besteht und der Verleiher über eine Verleiherlaubnis verfügt (§ 1 Abs. 1 AÜG). Der Leiharbeitnehmer wird vollständig in dem Betrieb des Dritten eingegliedert, der ihn nach seinen Vorstellungen und Zielen in seinem Betrieb wie einen eigenen Arbeitnehmer einsetzt.
Hinweis:
Es besteht folglich ein Dreiecksverhältnis zwischen Verleiher, Entleiher und Leiharbeitnehmer. Die Vertragsbeziehungen bestehen nur zwischen Verleiher und Entleiher (Arbeitnehmerüberlassungsvertrag) und zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer (Leiharbeitsvertrag). Zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Entleiher bestehen hingegen keine arbeitsvertraglichen Beziehungen.
Will der Verleiher im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit Leiharbeitnehmer an Dritte überlassen, benötigt er hierfür neben der Gewerbeanmeldung grds. eine Erlaubnis der für seinen Betrieb zuständigen Bundesagentur für Arbeit (§ 1 Abs. 1 AÜG). Auf die Erteilung der Erlaubnis besteht ein Anspruch, wenn keiner der Versagungsgründe des § 3 AÜG vorliegt.
Hinweis:
Die Erlaubnis ist an die Person des Unternehmers gebunden, d.h. im Falle eines Inhaberwechsels ist eine neue Erlaubnis erforderlich.
Bei fehlender Erlaubnis handelt es sich um eine illegale Arbeitnehmerüberlassung. Fehlt dem Verleiher die erforderliche Erlaubnis, sind gem. § 9 Nr. 1 AÜG die Verträge zwischen Entleiher und Verleiher einerseits sowie zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer unwirksam. Ist der Vertrag zwischen einem Verleiher und einem Leiharbeitnehmer nach § 9 AÜG unwirksam, gilt gem. § 10 Abs. 1 S. 1 AÜG das Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zu dem zwischen dem Entleiher und dem Verleiher für den Beginn der Tätigkeit vorgesehenen Zeitpunkt als zustande gekommen. Dabei handelt es sich um eine in erster Linie dem Schutz des Leiharbeitnehmers dienende gesetzliche Fiktion. Die Fiktionswirkung ist unabdingbar und tritt unabhängig vom Willen der Parteien ein (Boemke/Lembke/Lembke, § 10 AÜG Rn 22). Ist der Leiharbeitsvertrag aus anderen Gründen als den in § 9 AÜG genannten unwirksam (z.B. mangelnder Vertretungsbefugnis), greift die Fiktion nicht ein. Für den Fall, dass zunächst die Erlaubnis bestand, diese aber später wegfällt, endet gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1, 1. Hs. Alt. 2 AÜG das Leiharbeitsverhältnis. Mit dem Eintritt der Unwirksamkeit entsteht dann nach § 10 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 AÜG ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer.
Die Überlassungshöchstdauer beträgt seit April 2017 grds. 18 Monate. Sollen Leiharbeitnehmer weiterhin im gleichen Entleihbetrieb arbeiten, müssen sie nach 18 Monaten von diesem Betrieb übernommen werden. Soll dies nicht geschehen, so muss der Verleiher sie aus diesem Entleihbetrieb abziehen. Durch Tarifvertrag kann von der gesetzlichen Überlassungshöchstdauer zeitlich begrenzt abgewichen werden.
Wesentliches Merkmal des AÜG ist der Gleichstellungsgrundsatz, sog. Equal Pay, wonach Leiharbeitnehmer nicht zu schlechteren Arbeitsbedingungen beim Entleiher eingesetzt werden dürfen als denen, die dort vorherrschen (vgl. § 8 Abs. 1 AÜG). Die Gleichstellung umfasst u.a. die Dauer der Arbeitszeit, den Urlaub sowie insb. das Arbeitsentgelt.
Der Anspruch des Leiharbeitnehmers insb. auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 8 Abs. 1 AÜG ist ein die vertragliche Vergütungsabrede korrigierender gesetzlicher Entgeltanspruch, der mit jeder Überlassung entsteht und jeweils für die Dauer der Überlassung besteht. Zur Ermittlung der Höhe des Anspruchs ist deshalb ein Gesamtvergleich der Entgelte im Überlassungszeitraum anzustellen (BAG, Urt. v. 16.12.2020 – 5 AZR 22/19, NZA 2021, 642; BAG, Urt. v. 23.3.2011 – 5 AZR 7/10, NZA 2011, 850). Darlegungs- und beweispflichtig für die Höhe des Anspruchs ist nach allgemeinen Grundsätzen der Leiharbeitnehmer.
Bei Anwendung eines Tarifvertrags zur Arbeitnehmerüberlassung brauchen die gesetzlichen Vorgaben zur Gleichbehandlung insgesamt nicht zur Anwendung zu kommen, wobei schon eine einzelvertraglich vereinbarte Inbezugnahme eines solchen Tarifvertrags ausreichen kann. Eine lediglich punktuelle Vereinbarung tariflicher Bestimmungen genügt allerdings nicht für eine Abweichung v...