I. Vorbemerkung
Der bereits seit mehreren Jahrzeiten fortschreitende Wandel am Arbeitsmarkt, bedingt durch die Zunahme verschiedener Faktoren wie Internationalisierung bzw. Globalisierung, Digitalisierung, demographischen Wandel etc., erzeugt eine Veränderung der Arbeitsformen. Das „Normalarbeitsverhältnis” ist das aktuell (noch) vorherrschende Leitbild in der deutschen Arbeitsmarktpolitik. Es beschreibt die unbefristete Anstellung in Vollzeit und ist mit einer vollständigen Inklusion in die Sozialversicherungssysteme verbunden. Hiervon sind vermehrt atypische Beschäftigungsformen abzugrenzen. Atypische Beschäftigungen dienen vornehmlich der Flexibilisierung – sowohl auf Arbeitgeber- als auch auf Arbeitnehmerseite – und erlangen daher immer mehr an Bedeutung. Nach dem Statistischen Bundesamt ( https://www.destatis.de/DE/Themen/Arbeit/Arbeitsmarkt/Erwerbstaetigkeit/Methoden/Erlaeuterungen/erlaeuterungen-atypische-beschaeftigung.html) werden in Abgrenzung vom Normalarbeitsverhältnis Teilzeitbeschäftigungen mit 20 oder weniger Arbeitsstunden pro Woche, geringfügige Beschäftigungen, befristete Beschäftigungen sowie Zeitarbeits- bzw. Leiharbeitsverhältnisse dazu gezählt. Dieser Beitrag soll einen Überblick über diese „atypischen” Arbeitsverhältnisse und ihren wesentlichen Inhalt bieten.
II. Teilzeitarbeit
Um Teilzeit handelt es sich, wenn die regelmäßige Arbeitszeit eines Arbeitnehmers im Vergleich zu der Arbeitszeit eines Vollzeit-Mitarbeiters verkürzt ist (vgl. § 2 Abs. 1 TzBfG). Teilzeitarbeit kann in unterschiedlichen Formen geleistet werden, wie z.B. in Form der Abrufarbeit gem. § 12 TzBfG oder im Wege der Arbeitsplatzteilung, dem sog. Jobsharing, vgl. § 13 TzBfG.
Hinweis:
Der Teilzeitarbeit sind nach unten hin keine zeitlichen Grenzen gesetzt. So kann Teilzeit mit 30, 15 oder auch nur fünf Stunden pro Woche gearbeitet werden.
1. Diskriminierungsverbot
Ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer darf wegen der Teilzeit nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer. Es gilt gem. § 4 Abs. 1 TzBfG das Verbot der Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten in allen Arbeitsbedingungen (z.B. Arbeitsentgelt – kein niedrigerer Stundenlohn!). Das gleiche gilt in Fällen, in denen Teilzeitbeschäftigten der Zugang zu Begünstigungen erschwert oder gar nicht gewährt wird (z.B. die Möglichkeit einer betrieblichen Altersversorgung). Eine schlechtere Behandlung von Teilzeitbeschäftigten kann sachlich gerechtfertigt und damit zulässig sein, wenn sich ihr Grund aus dem Verhältnis von Leistungszweck und Umfang der Teilzeitarbeit herleiten lässt. Die Prüfung der sachlichen Rechtfertigung der unterschiedlichen Behandlung hat sich an dem mit der Leistung verfolgten Zweck zu orientieren (BAG, Beschl. v. 19.1.2020 – 4 ABR 26/19, NZA 2020, 813).
Hinweis:
Eine Benachteiligung von Teilzeitkräften kann gleichzeitig eine mittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts sein. Dies ist der Fall, wenn die Mehrheit der Teilzeitbeschäftigten eines Geschlechts ist (z.B. sind Reinigungskräfte ganz überwiegend weibliche Angestellte).
Zudem existieren Gebote an den Arbeitgeber, Teilzeitbeschäftigte wie vergleichbare Vollzeitbeschäftigte in Aus- und Weiterbildung zu fördern (vgl. § 10 TzBfG) und Teilzeitarbeit auch in leitenden Positionen zu ermöglichen (vgl. § 6 TzBfG).
Gem. § 11 TzBfG besteht ein Verbot der Kündigung des Arbeitsverhältnisses wegen der Weigerung des Arbeitnehmers von einem Vollzeit- in ein Teilzeitarbeitsverhältnis oder umgekehrt zu wechseln.
2. Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung
Das TzBfG sieht einen gesetzlichen Anspruch der Arbeitnehmer auf Teilzeitarbeit vor. Besteht das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate und beschäftigt der Arbeitgeber i.d.R mehr als 15 Arbeitnehmer, kann der Arbeitnehmer nach § 8 TzBfG vom Arbeitgeber verlangen, dass seine vertragliche Arbeitszeit verringert wird.
Der Arbeitnehmer muss drei Monate vor Beginn der verringerten Arbeitszeit den Umfang der Teilzeitarbeit dem Arbeitgeber bekannt geben. Er sollte dabei die gewünschte Verteilung, d.h. wie viele Stunden er an welchen Wochentagen arbeiten möchte, angeben.
Hinweis:
Der Teilzeitantrag des Arbeitnehmers sollte so konkret gefasst sein, dass der Arbeitgeber hierauf mit „Ja” oder „Nein” antworten kann, ohne weitere Rückfragen stellen zu müssen.
Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben dies zu erörtern und zu einer einvernehmlichen Vereinbarung zu gelangen. Eine Ablehnung des Arbeitgebers ist an entgegenstehende betriebliche Gründe gebunden (§ 8 Abs. 4 S. 2 TzBfG).
Hinweis:
Es handelt sich nicht um dringende betriebliche Gründe, wie es § 15 Abs. 7 Nr. 4 BEEG bei der Teilzeitarbeit in Elternzeit vorsieht.
Die Prüfung der dem Teilzeitverlangen entgegenstehenden betrieblichen Gründe erfolgt dreistufig (vgl. BAG, Urt. v. 24.6.2008 – 9 AZR 313/07, NZA 2008, 1309):
- Bestehen eines betrieblichen Organisationskonzepts für die als erforderlich angesehene Arbeitszeitregelung
- Konzeptionelle Arbeitszeitregelung widerspricht tatsächlich dem Teilzeitverlangen
- Prüfung des Gewichts der entgegenstehenden betrieblichen Gründe (z.B. unverhältnismäß...