a) Allgemeine Loyalitätspflicht
Die sog. Loyalitätspflicht (§ 1684 Abs. 2 BGB) verlangt von beiden Eltern, alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zu dem anderen Elternteil beeinträchtigen und die Erziehung sowie den Umgang erschweren könnte (Verpflichtung zur wechselseitigen Loyalität). Daher muss der zur Umgangsgewährung verpflichtete Elternteil erzieherisch auf das Kind einwirken und es zur Wahrnehmung des Umgangs anhalten (OLG Köln, Beschl. v. 14.4.2015 – 26 WF 57/15, FuR 2016, 183). Er darf nicht dem Kind die Entscheidungskompetenz darüber zuweisen, ob es mit dem anderen Elternteil Umgang haben will oder nicht. Zudem gerät ein Kind in einem solchen Fall schnell in einen erheblichen Loyalitätskonflikt (OLG Brandenburg, Beschl. v. 4.9.2019 – 9 WF 208/19, NZFam 2019, 883).
b) Konkrete Mitwirkungspflichten des betreuenden Elternteils
Wenn der Umgang aufgrund der unterschiedlichen Wohnorte der Eltern nur unter einem erheblichen Zeit- und Kostenaufwand ausgeübt werden kann, muss das Gericht prüfen, ob der Obhutselternteil anteilig zur Übernahme an dem für das Holen und Bringen der Kinder zur Ausübung des Umgangsrechts erforderlichen zeitlichen und organisatorischen Aufwands zu verpflichten ist (BVerfG FamRZ 2002, 809, Rake in: Johannsen/Henrich/Jaeger, Familienrecht, 7. Aufl. 2020, § 1684 Rn 39 m.w.N.; zur Kostentragungspflicht s. OLG Bremen FamRZ 2017, 297). Dabei kann der Umfang der Mitwirkungs- und Kostentragungspflichten des Obhutselternteils davon abhängen, ob er oder der umgangsberechtigte Elternteil durch Umzug die hohen mit dem Umgang verbundenen Belastungen verursacht hat (vgl. OLG Brandenburg FamRZ 2009, 131; FamRZ 2009, 1688; OLG Schleswig FamRZ 2006, 881; AG Detmold FamRZ 2006, 880).
Beispiel:
Eine weitergehende Mitwirkung am Bringen und Holen des Kindes kann in Betracht kommen, wenn aufgrund der großen Entfernungen ansonsten ein dem Kindeswohl entsprechender Umgang gar nicht möglich wäre (OLG Brandenburg FamRZ 2015, 1818).
Auch Pflegeeltern müssen das Umgangsrecht der Eltern ermöglichen (BVerfG FamRZ 2007, 335).
c) Alleinige Kostentragungspflicht eines Elternteils im Umgangsverfahren
Die alleinige Kostentragungspflicht eines Elternteils im Umgangsverfahren kann bei schuldhafter Verletzung seiner Mitwirkungspflicht an der Gutachtenerstellung und darauf beruhender erheblicher Verzögerungen des Verfahrens in Betracht kommen (KG NZFam 2015, 1073).
d) Maßnahmen bei Umgangsverweigerungen
Ist ein gerichtlicher Umgangsbeschluss oder ein gerichtlich gebilligter Umgangsvergleich vorhanden, die einen Vollstreckungstitel (§ 86 Abs. 1 Nr. 1 FamFG) darstellen, so erfolgt die Vollstreckung aus diesen Umgangstiteln nach Maßgabe der §§ 86 ff. FamFG (BVerfG FamRZ 2011, 957; BGH FamRZ 2012, 533; 2011, 1729).
Praxishinweise:
- Erforderlich ist ein Antrag auf Festsetzung von Ordnungsmitteln (§ 87 Abs. 1 S. 2 FamFG).
- Das Gericht kann aber auch von Amts wegen tätig werden, wenn dies zum Wohl des Kindes angezeigt ist (BGH FamRZ 2011, 1729).
- Die Vollstreckung erfolgt durch Verhängung eines angemessenen Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, von Ordnungshaft.
Ordnungsmittel dürfen nur nach einer schuldhaften Zuwiderhandlung festgesetzt werden. Verschulden bedeutet i.S.v. § 276 Abs. 1 BGB Vorsatz oder Fahrlässigkeit. Die Festsetzung unterbleibt nach § 89 Abs. 4 FamFG, wenn der Verpflichtete Gründe vorträgt, aus denen sich ergibt, dass er die Zuwiderhandlung nicht zu vertreten hat. Daraus folgt, dass das Verschulden desjenigen, der gegen die Umgangsregelung verstößt, vermutet wird (OLG Brandenburg, Beschl. v. 4.9.2019 – 9 WF 208/19, NZFam 2019, 883, OLG Frankfurt FamRZ 2013, 475; OLG Jena FuR 2016, 664). Gelingt es dem Verpflichteten nicht, detailliert zu erläutern, warum er an der Befolgung der gerichtlichen Anordnung gehindert war, kommen ein Absehen von der Festsetzung des Ordnungsmittels oder dessen nachträgliche Aufhebung nicht in Betracht. Beruft sich ein Elternteil nach Zuwiderhandlung gegen eine gerichtliche Umgangsentscheidung auf den entgegenstehenden Willen des Kindes, wird ein fehlendes Vertretenmüssen daher nur dann anzunehmen sein, wenn er im Einzelfall darlegt, wie er auf das Kind eingewirkt hat, um es zum Umgang zu bewegen (BGH FamRZ 2015, 2147).
Liegt nur eine Absprache zwischen den Eltern vor, die nicht Gegenstand eines gerichtlich gebilligten Vergleiches geworden ist, muss sich der Elternteil, dem der Umgang absprachewidrig verweigert wird, erst einen Titel beschaffen, bevor Zwangsmaßnahmen zur Durchsetzung seines Umgangsrechts eingeleitet werden können. Dies geschieht in Eilfällen durch einen Antrag auf gerichtliche Umgangsregelung im Verfahren der einstweiligen Anordnung.
e) Schadensersatzpflicht bei Umgangsvereitelung
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der umgangsberechtigte Elternteil vom anderen, obhutsgewährenden Elternteil Schadensersatz verlangen, wenn der Obhutselternteil den Umgang schuldhaft nicht in der vom Fa...