Eine zusammenfassende Betrachtung der Neuregelungen (wie auch der unterlassenen weitergehenden Reformanliegen, s. z.B. zur unterbliebenen Neuregelung der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung trotz intensiver Diskussion im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens Omlor NJW 2017, S. 1633 ff., 1638 f. m.w.N.; s. dazu auch die o.g. Stellungnahme der Kreditwirtschaft v. 24.2.2017) ergibt folgendes Bild: Nachdem der Gesetzgeber bei Umsetzung der WIKrRL seinerzeit gerade kein Regelungsbedürfnis für Immobilienverzehrkreditverträge im deutschen Recht gesehen hatte (vgl. BT-Drucks 18/5922, S. 78), hält er im Rahmen des Finanzaufsichtsrechtergänzungsgesetzes nunmehr eine Übertragung dieser Ausnahme in das deutsche (Umsetzungs-)Recht zur "Klarstellung" für erforderlich wegen der Gefahr eines unzutreffenden Eindrucks "bei einigen Marktteilnehmern" (BT-Drucks 18/10935, S. 39). Zwar ist eine normative Orientierungshilfe für die Kreditwürdigkeitsprüfung grundsätzlich zu begrüßen (s. die geplante neue Rechtsverordnung auf Basis von § 505e BGB und § 18a Abs. 10a KWG) – es bleibt aber abzuwarten, ob der Entwurf der ImmoKWPLV geeignet ist, das Versprechen größerer Rechtssicherheit durch klare und berechenbare Grundsätze einer Kreditwürdigkeitsprüfung einzulösen.
Auch die Fülle sonstiger Beseitigungen von "Redaktionsversehen", so sinnvoll dies im Einzelfall stets auch ist, spricht zwar im Ergebnis für die Berechtigung dieser "Reform der Reform", macht jedoch gleichzeitig deutlich, wie viele Umsetzungsdefizite das deutsche Umsetzungsgesetz zur WIKrRL hatte (vgl. zum Unbehagen bzgl. der Qualität der Normgebung bei europäisch determinierten Reformen des deutschen Privatrechts bereits und m.w.N. N. Fischer VuR 2003, 374 ff., 376, u.a. krit. zum "Richtlinien"-Stil). Gerade in rechtssystematischer Hinsicht ist begrüßenswert, dass auch das aktuelle Gesetzeswerk angesichts der detailreichen WIKrRL die deutschen Kategorien von Zivil- und Aufsichtsrecht weiterhin auseinanderhält und dementsprechend mit parallelen (z.T. wortgleichen) Regelungen in beiden Rechtsbereichen operiert (s.a. MüKo-BGB/Schürnbrand, a.a.O., § 505a BGB Rn 4 f. m.w.N.). Es droht jedoch bereits neuer Korrekturbedarf, da Art. 18 Abs. 3 WIKrRL nach der Intention des Richtliniengebers gemäß Erwägungsgrund 55, S. 7 der WIKrRL nicht den "(Neu-)Bau" einer Wohnimmobilie, sondern bloß deren "Ausbau" meint. Da dies dem neuen Normwortlaut aber nicht zu entnehmen ist, ist die Beseitigung des bisherigen Umsetzungsdefizits insoweit selbst defizitär. Da der Gesetzgeber explizit eine streng richtliniengetreue Umsetzung beabsichtigt (so BT-Drucks 18/10935, S. 40), ist auch die Neuregelung des § 505b Abs. 2 S. 3 BGB richtlinienkonform einschränkend auszulegen. Entsprechendes gilt auch für § 5 ("Bau und Renovierungsdarlehen") der geplanten ImmoKWPLV: Danach darf bei Darlehensverträgen, die dem Bau oder der Renovierung einer Wohnimmobilie dienen, der hierdurch zu erwartende Wertzuwachs der Wohnimmobilie berücksichtigt werden. Auch hier ist "Bau" daher richtlinienkonform und somit einschränkend als "Ausbau" zu verstehen – eine Änderung vor Inkrafttreten der VO ist daher BMJV und BMF auch insoweit dringend anzuraten.
Schließlich bedingt die Reformierung der WIKrRL (sowie der Verbraucherkreditrichtlinie 2008/48/EG) durch die Verordnung (EU) 2016/2011 die Reform des deutschen Umsetzungsrechts: Die gemeinschaftsrechtliche Reformierung führt also erneut in kurzer Folge zur "Reform der Reform" des deutschen Darlehensrechts. Anzumerken bleibt, dass zwar auch mit dieser Reform notwendige "Lehren aus zahlreichen sozialen Katastrophen" gezogen werden (so treffend Rott BKR 2015, 8 ff., 14; s. dagegen verharmlosend: "Übertreibungen an den Immobilienmärkten", BT-Drucks 18/10935, S. 19). Jedoch verkürzt sich die "Halbwertszeit" des deutschen Rechts erneut, wobei erneut "hypertrophe" und gerade für den Verbraucher und Darlehensnehmer kaum noch zu durchschauende Regelungen (s. zur ""Inflation der" Dokumentationspflichten" nur Buck-Heeb NJW 2016, 2065 ff., 2070) in das Verbraucherdarlehensrecht eingeführt werden (vgl. aktuell zu den Rechtsfolgen des Widerrufs von Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen in Altfällen den gleichnamigen Beitrag von Lühmann/Latta NJW 2017, 2071 ff. m.w.N.). Auch hier gilt: Normflut und Detailfülle reduzieren ein weiteres Mal die (Gesetzes-)Transparenz. Es bestehen also berechtigte Zweifel, ob (und ggf. wie lange) es bei einem Nachbesserungsgesetz zum Thema Wohnimmobiliendarlehensvergabe bleiben wird.
Von apl. Prof. Dr. Nikolaj Fischer, J.W. Goethe-Universität Frankfurt a.M./Univ. Kassel
ZAP F. 8, S. 1135–1144