Wie ein "Geschäftsführer" in gesellschaftsrechtlichen oder vereinsrechtlichen Strukturen vertritt der Verwalter die Gemeinschaft gerichtlich und außergerichtlich (§ 9b Abs. 1 S. 1 WEG-E). Ausnahme: Darlehensverträge oder Grundstückskaufverträge kann er nur auf der Grundlage eines entsprechenden Beschlusses der Eigentümergemeinschaft abschließen. Der Beschluss kann sich auf ein konkretes Geschäft oder generell auf Geschäfte dieser Art beziehen.
Eine Vertretung der einzelnen Wohnungseigentümer durch den Verwalter (§ 27 Abs. 2 WEG) wird damit obsolet; das WEMoG sieht dies auch folgenrichtig nicht mehr vor (Begründung, S. 53, 2. Abs.). Gibt es keinen Verwalter, so vertreten die Wohnungseigentümer gemeinschaftlich (§ 9b Abs. 1 S. 2 WEG-E). Besteht inhaltliche Einigkeit, können auch einzelne Eigentümer ermächtigt werden. Eine Ermächtigung durch Mehrheitsbeschluss soll nicht möglich sein (Begründung, S. 54, 2. Abs.). Ist die verwalterlose Gemeinschaft Erklärungsempfängerin, so genügt deren Abgabe gegenüber einem Eigentümer (Begründung, S. 54, 2. Abs. unter Zitat von BGH, Beschl. v. 14.12.1974 – II ZB 6/73).
§ 9b Abs. 2 WEG-E regelt die Vertretung der Gemeinschaft gegenüber dem Verwalter, wenn er gem. § 181 BGB oder "gerichtlich nach allgemeinen prozessualen Grundsätzen" (dazu: Palandt-Ellenberger, BGB, 79. Aufl. 2020, § 181 BGB Rn 5) von der Vertretung der Gemeinschaft ausgeschlossen ist. In diesen Fällen ist Vertreter der Gemeinschaft gegenüber dem Verwalter der Vorsitzende des Beirats. Stattdessen kann auch ein Eigentümer zur Vertretung ermächtigt werden (Begründung, S. 54, 4. Abs.).
Beispiele:
- Abschluss des Verwaltervertrags,
- Abmahnung des Verwalters (dazu befugt war bereits bisher nur die Gemeinschaft, nicht der einzelne Eigentümer: BGH, Urt. v. 8.6.2018 – V ZR 125/17, BGHZ 219, 60-77, Rn 23; KG, Urt. v. 12.5.2003 – 24 W 279/02, MietRB 2003, S. 75; Jennißen in Jennißen, Kommentar zum WEG, 4. Aufl. 2015, § 26 Rn 145; denn die Eigentümergemeinschaft ist Vertragspartnerin des Verwalters, nicht der Einzelne. Will deshalb ein einzelner Eigentümer auf eine Abmahnung des Verwalters hinwirken, so benötigt er dazu einen entsprechenden Beschluss der Gemeinschaft, ggf. in Form eines Ermächtigungsbeschlusses, wenn er selbst tätig werden möchte; das neue Recht macht dies nun ausdrücklich klar),
- Kündigung des Verwaltervertrags,
- Prozesse des Verwalters gegen die Gemeinschaft,
- Prozess gegen den Verwalter (z.B. Herausgabe der Verwaltungsunterlagen, Rechnungslegung, Schadenersatz); anspruchsberechtigt ist zunächst einmal die Gemeinschaft. Denn mit ihr besteht der Verwaltervertrag und gegenüber ihr obliegen dem Verwalter seine vertraglichen Pflichten, deren Verletzung eine Haftung nach § 280 Abs. 1 BGB nach sich zieht. Dem Verwaltervertrag wird aber auch die Wirkung eines Vertrags mit Schutzwirkung für die Wohnungseigentümer als Dritte zugestanden (h.M.: BGH, Urt. v. 19.7.2019 – V ZR 75/18, NZM 2020, 60 Rn 7 m.w.N.; Hügel/Elzer, Kommentar zum WEG, 2. Aufl. 2018, § 26 WEG Rn 123), Folge ist dann ein unmittelbarer Schadenersatzanspruch auch des einzelnen Gemeinschaftsmitglieds gegen den Verwalter. Allerdings ordnet das WEMoG dem Verwalter keine Amtspflichten gegenüber dem einzelnen Wohnungseigentümer zu, sondern nur gegenüber der Gemeinschaft. Aber auch einzelne Eigentümer können aufgrund der Einordnung des Verwaltervertrags als Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten der Wohnungseigentümer (so bereits: BGH, Urt. v. 8.2.2019 – V ZR 153/18, NJW 2019, 3446 Rn 9) bei Pflichtverletzung des Verwalters Schadenersatzansprüche gegen ihn geltend machen (arg. e. § 43 Abs. 2 Nr. 3 WEG-E; so auch: BT-Drucks 19/22634, S. 47).
Bisher waren z.B. Ansprüche auf Umsetzung gefasster Beschlüsse gegen den Wohnungsverwalter reine Individualansprüche im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung (§ 21 Abs. 4 WEG; so: BGH, Urt. v. 15.2.2019 – V ZR 71/18, ZMR 2019, 775; BGH, Urt. v. 8.6.2018 – V ZR 125/17, NZM 2018, 719), ebenso der Anspruch auf Einsichtnahme in sämtliche Verwaltungsunterlagen (LG Frankfurt/Main, Urt. v. 12.1.2017 – 2-13 S 48/16, ZMR 2017, 824). Gleiches galt auch für den Anspruch auf Erteilung der Jahresabrechnung als Individualanspruch des einzelnen Wohnungseigentümers (§ 28 Abs. 5 WEG; dazu LG München I, Urt. v. 5.6.2014 – 36 S 6718/13, ZMR 2014, 918).
§ 9b Abs. 2 WEG-E zeigt den einzigen Fall einer abweichenden Vertretungsmöglichkeit von dem Grundmodell einer Vertretung durch den Verwalter. Daneben werden keine Beschlusskompetenzen zu abweichenden Vertretungsregelungen eingeräumt. "Insbesondere können einzelne Wohnungseigentümer nicht durch Beschluss anstelle oder neben dem Verwalter zur Vertretung der Gemeinschaft berufen werden" (Begründung, S. 54, 4. Abs.).
Aus alledem folgt:
- Es gibt für den Vertragspartner keine Probleme mehr, wenn der Verwalter für die Gemeinschaft auftritt und in ihrem Namen Verträge schließt. Eine Schadenersatzhaftung des Verwalters als Vertreter ohne Vertretungsmacht (§ 179 BGB) entfällt. Vertretungsfragen waren bisher problemat...