Wie es den Anschein hat, steht wegen des Ukrainekriegs und dem damit verbundenen Lieferstopp von (einstmals billigem) russischem Gas in ganz Europa ein harter Winter vor der Tür.
Um den Gasengpass zu meistern, gab es – gottlob – für uns Bürger seitens der Politik bereits zahlreiche Energiespartipps. Denken Sie nur an den geistreichen Hinweis von Baden-Württembergs Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann, wonach man nicht dauernd duschen müsse. Auch dass ein Waschlappen eine brauchbare Erfindung zum Energiesparen sei, war mir bisher jedenfalls nicht bewusst. Aus dem Bundeswirtschaftsministerium von Robert Habeck wurden diese länderseitigen Rahmenvorschläge sodann durch – bislang allerdings noch unverbindliche – Konkretisierungen für die dann noch verbleibenden Duschgänge ergänzt (unter fünf Minuten!).
In der allgegenwärtigen Krise darf die Anwaltschaft nun aber nicht abseitsstehen. Wer, wenn nicht wir Anwältinnen und Anwälte, sollten beim Energiesparen im Büro ganz vorne mit dabei sein?
Angesichts dieser Sachlage möchte ich Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, einmal einige leicht umzusetzende Anregungen an die Hand geben, wie auch Sie mit wenig Aufwand viel Wärme erzeugen und sparen können:
Energiespartipp Nr. 1:
Rücken Sie näher an Ihre Mandantschaft heran. Und sorgen Sie dabei für Wohlfühlatmosphäre. Ja, Sie haben richtig gehört. So hat das britische Stromunternehmen Ovo Energy seinen Kunden empfohlen, einfach öfter mal mit ihren Haustieren zu kuscheln, um diesen Winter auf einfachem und kosteneffektivem Weg warm zu bleiben. Was die britischen Stromkunden können, können wir Rechtsberatende doch schon lange, oder? Und, dass Sie wirklich lieber mit Ihrem sabbernden Bernhardiner kuscheln würden, können Sie mir jedenfalls nicht weismachen ...
Energiespartipp Nr. 2:
Blähen Sie Ihre Schriftsätze mit möglichst zahlreichen Füllphrasen umfangreich auf. Zum einen bleiben bei einer mittels der Kurzfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung (EnSikuMaV) vom 26.8.2022 BGBl I S. 1446 – allein diese Gesetzesbezeichnung hat schon das Zeug für das „Unwort des Jahres 2022” – angeratenen Bürotemperatur von nur 18 bis 19 Grad Ihre Hände im Winter durch das vermehrte Tippen länger warm und geschmeidig. Zum anderen bringen Sie mit Ihren Arbeitsergebnissen sämtliche Richter, die Ihre in die Länge gezogenen Schriftsätze lesen dürfen (!), in Wallung. Leichter lässt sich Energie in Deutschland jedenfalls nicht erzeugen! Wie sich aber die durch Ihre mit viel Mühe erzeugte elektrisch aufgeladene Stimmung im Gerichtssaal ins deutsche Stromnetz einspeisen lässt, muss ich erst noch bei der FDP-Bundestagsfraktion eruieren. Hier ist man ja intensiv auf der Suche nach technischen Lösungen für die Behebung der Folgen des Klimawandels. Fracking allein, so glaube ich, wird dafür jedenfalls nicht reichen ...
Mein Extra-Tipp: Wenn Sie nach Stundensätzen abrechnen, sollten Sie diesen Energiespartipp unter Fach 24 („Gebührentipps”) abheften.
Energiespartipp Nr. 3:
Dieser Spartipp ist ein Selbstläufer: Verzichten Sie nach Erhalt der neuen beA-Karte und des PIN-Briefs unbedingt auf jegliche helfende Unterstützung durch einen versierten IT-Administrator. Ich garantiere Ihnen, Sie werden so was von schwitzen, wenn Sie nicht aus unserem zwangsverordneten E-Mail-System aus den 80er-Jahren herausfallen und weiterhin elektronische Gerichtspost empfangen und signierte Nachrichten versenden möchten.
Energiespartipp Nr. 4:
Schicken Sie, wie vielfach empfohlen, doch einfach Ihr gesamtes Personal ins Homeoffice. Mit dieser Maßnahme schlagen Sie mehrere Fliegen mit einer Klatsche. So brauchen Sie nur noch Ihr Büro (und vielleicht noch den Besprechungsraum) zu heizen anstatt Ihre gesamten Kanzleiräume. Und nebenbei sinkt der Strom- und Kaffeeverbrauch in Ihrem Office um das Zigfache. Wann kommt dann aber der Ratschlag, den Laden doch gleich ganz dicht zu machen? Strom- und Gasverbrauch wären jedenfalls bei null. Anwaltskanzleien als Wärmestuben für Mandanten? Das will man dann doch nicht!
Ich hoffe, Sie müssen in Ihrem Arbeitsalltag NICHT auf eine meiner nicht ganz ernst gemeinten wärmegewinnbringenden Anregungen zurückgreifen. Bei Ihrem „echten” Projekt „Energiesparen in der Kanzlei” wünsche ich Ihnen jedenfalls viel Erfolg! Vergessen Sie dabei aber das Lachen nicht: Es gibt Ihnen und Ihren Mitarbeitenden Kraft und Energie. Kommen Sie gut durch diese schweren Zeiten!
ZAP F., S. 1075–1076
Rechtsanwalt Bernd Ponetsmüller, München