Informationszugang von Insolvenzverwaltern zu steuerlichen Daten der Finanzbehörden
Im vorliegenden Verfahren begehrte ein Insolvenzverwalter zur Prüfung von Insolvenzanfechtungsansprüchen vom zuständigen Finanzamt steuerrelevante Informationen über den Insolvenzschuldner und stützte sich dabei auf das Informationsfreiheitsgesetz. Sein Anliegen betraf angedrohte Vollstreckungsmaßnahmen des Finanzamts für die Geltendmachung von Steuerrückständen und die daraufhin erfolgten Zahlungen des Insolvenzschuldners. Streitgegenstand ist die Frage geworden, ob das Finanzamt den Antrag des Insolvenzverwalters unter Hinweis auf die fehlende Entbindung von der Verpflichtung zur Wahrung des Steuergeheimnisses durch die Insolvenzschuldner zu Recht abgelehnt hat.
Die Frage, ob dem Auskunftsanspruch des Insolvenzverwalters das Steuergeheimnis nach § 30 AO entgegensteht, hat der 7. Senat des BVerwG durch Urt. v. 26.4.2018 (7 C 3.16, 7 C 4.16, 7 C 5.16 und 7 C 6.16, DStR 2018, 2441) verneint. Die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters nach § 80 Abs. 1 InsO erstrecke sich auf Informationen, die der Prüfung von Insolvenzansprüchen dienten. Der Insolvenzverwalter könne über alle Geheimnisse des Insolvenzschuldners verfügen, die für die Insolvenzanfechtung von Belang seien. Das Steuergeheimnis werde nicht verletzt, wenn solche Informationen dem Insolvenzverwalter zugänglich gemacht würden; für ihn gelte insoweit nichts anderes als für den steuerpflichtigen Insolvenzschuldner selbst. Die Finanzämter waren daher nach der im Entscheidungszeitpunkt maßgeblichen Rechtslage dem Insolvenzverwalter grds. zur Auskunft verpflichtet.
Das BVerwG hat allerdings durch Urt. v. 25.2.2022 (10 C 4/20, 10 C 4/20 [7 C 31/17], HFR 2022, 687 ff. = ZRI 2022, 608 ff. = NVwZ 2022, 1049 ff. = ZIP 2022, 1551 ff. = ZInsO 2022, 1605 ff. = GewArch 2022, 284 ff. = ZGI 2022, 183 ff. = NWVBl 2022, 362 ff. = NZI 2022, 756–760) befunden, dass dem Informationszugangsanspruch nunmehr § 32e, § 32c Abs. 1 Nr. 2 AO entgegenstehe. Beide Vorschriften seien durch Art. 17 Nr. 11 des Gesetzes vom 17.7.2017 (BGBl I S. 2541) eingefügt worden und gem. Art. 31 Abs. 4 dieses Gesetzes am 25.5.2018 in Kraft getreten. § 32e AO erkläre Art. 12 bis 15 DSGVO i.V.m. §§ 32a bis 32d AO für entsprechend anwendbar, soweit die betroffene Person oder ein Dritter nach den Informationsfreiheitsgesetzen des Bundes oder der Länder gegenüber der Finanzbehörde einen Anspruch auf Informationszugang habe.
Der Informationszugangsanspruch nach dem Informationsfreiheitsgesetz sei gem. § 32e, § 32c Abs. 1 Nr. 2 AO ausgeschlossen. Begehre der Anspruchsteller die Informationen zum Zwecke der Geltendmachung von Insolvenzanfechtungsansprüchen, mithin von zivilrechtlichen Ansprüchen i.S.d. § 32c Abs. 1 Nr. 2 AO, richteten sie sich auf die anspruchsbegründenden Merkmale der Insolvenzanfechtung und würden den Insolvenzverwalter in die Lage versetzen, Insolvenzanfechtungsansprüche gegen die Finanzbehörde geltend zu machen. Die Auskunftserteilung sei daher geeignet, den Rechtsträger der Finanzbehörde in der Verteidigung gegen künftige Insolvenzanfechtungsansprüche zu beeinträchtigen. Eine Schlechterstellung gegenüber sonstigen Insolvenzgläubigern dürfe aber nicht erfolgen.