Böhmermann, Künast, Rezo – diese drei Namen stehen für prominente Menschen und ihre nicht minder prominenten Medienrechtsfälle der letzten Jahre. Wer auch nur halbwegs regelmäßig die „klassischen” Medien, also TV und Radio, verfolgt und außerdem auch die Online- bzw. sozialen Medien nicht komplett ignoriert, dem dürften diese Namen des öffentlichen Lebens etwas sagen. Das gleiche gilt für die damit verbundenen Rechtsfragen: Durfte Renate Künast als Politikerin in derart „handfester” Art und Weise angegangen werden, war die ihr entgegengebrachte Hassrede also Teil eines politischen bzw. gesellschaftlichen Diskurses oder wurde damit die Grenze zur Formalbeleidigung bzw. Schmähkritik überschritten? Eine ähnliche Fragestellung ist zentraler Anknüpfungspunkt der Diskussion rund um das sog. Schmähgedicht, mit dem Jan Böhmermann im Rahmen seiner Satire-TV-Sendung den türkischen Staatspräsidenten Erdogan mit allerlei Schimpfworten bedacht hatte und dadurch die Grenzen der Meinungs- bzw. Satirefreiheit aufzeigen wollte. Und wie ist eigentlich das Video „Die Zerstörung der CDSU” des Youtube-Influencers Rezo zu werten?
Der Ansatz dieses Werks, die typischen Fragestellungen des Medien-/Internetrechts anhand von berühmten Fällen aus der Medienlandschaft der letzten Jahre aufzuzeigen und akribisch aufzuarbeiten, ist an sich nicht neu – für Lehrbücher im Bereich Medienrecht allerdings schon. Auch wenn man sich aufgrund der strikten juristischen Falllösungen beim Lesen so ein wenig in die eigene Studienzeit zurückversetzt fühlt, zeigt diese Herangehensweise Wirkung. Die jeweiligen Problemstellungen inkl. ihrer Lösungswege verfestigen sich dadurch und nicht zuletzt auch aufgrund der bekannten Sachverhalte schon beim ersten Lesen. Hinzu kommt, dass die einzelnen Fälle in journalistischer Weise dargestellt, d.h. insb. immer mit Interviews beteiligter Personen angereichert, werden. Dadurch fällt die Beschäftigung mit Fragen, wie „Dürfen Demonstranten gefilmt werden?”, „Sind Mailbox-Nachrichten an Chefredakteure vertraulich?” oder „Dürfen rechtswidrig erlangte Informationen verwendet werden?”, deutlich leichter, als wenn sie lediglich anhand von „anonymen” Lehrbuchfällen skizziert würden.
Fazit: Allein der Preis für dieses auch inhaltlich erfrischend anders und fundiert gestaltete Werk macht es zu einer absoluten Kaufempfehlung für alle, die im breiten Feld des Medien- und Internetrechts tätig sind oder werden wollen. Einziger, leiser Kritikpunkt: Das Werk liefert zwar eine Literaturliste, aber leider kein Indexverzeichnis. Ein solches bedeutet bei der Produktion stets viel Arbeit, ist für die Leser des Werkes aber nicht selten eine wertvolle Orientierungshilfe.
RA Michael Rohrlich, Würselen