Eine alkoholbedingte relative Fahruntüchtigkeit kann auch ohne die Feststellung oder die Berechnung einer Blutalkoholkonzentration nachgewiesen werden. Erforderlich ist dazu die Feststellung einer – wenn auch nur geringen – Ausfallerscheinung, die durch die Aufnahme alkoholischer Getränke zumindest mitverursacht sein muss. Die Verurteilung des Angeklagten nach § 316 StGB setzt nicht den sicheren Nachweis einer Blutalkoholkonzentration von mind. 0,3 Promille voraus (BayObLG DAR 2023, 397 m. Anm. Danner). Der Autozug „Sylt Shuttle” ist öffentlicher Verkehrsraum i.S.v. § 316 StGB (LG Flensburg zfs 2023, 527 = NZV 2023, 379 [Kerkmann]; allg. Benz, DAR 2023, 291). Bei einem Auslieferungsersuchen zur Vollstreckung wegen einer allein auf der Grundlage der gemessenen Atemalkoholkonzentration abgeurteilten Trunkenheitsfahrt fehlt es an der nach § 3 Abs. 1 IRG erforderlichen beiderseitigen Strafbarkeit, da die Tat nicht nach deutschem Recht strafbar wäre. Eine Strafbarkeit nach § 316 StGB würde tatbestandlich in objektiver Hinsicht eine absolute Fahruntüchtigkeit voraussetzen, also eine für den Tatzeitpunkt festgestellte Blutalkoholkonzentration von mind. 1,1 Promille. Die gemessene Atemalkoholkonzentration allein bietet für eine solche Feststellung keine ausreichende Grundlage (OLG Celle DAR 2023, 400 = NStZ-RR 2023, 224= VRR 7/2023, 23 = StRR 8/2023, 26 [jew. Burhoff] = NZV 2023 376 [Quarch]).
Hinweis:
Das geplante CannabisG und die Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit erörtert Wagner, NZV 2023, 385. Zu Trunkenheitsfahrten und ihren juristischen Auswirkungen im Bereich von Soldaten, Schifffahrtsführern und weiteren verantwortlichen Personen näher Müller, DAR 2023, 383.
Weiterhin im Fluss ist die Beurteilung von Trunkenheitsfahrten auf E-Scootern (s.a. unten 4.). Bei Kfz gilt für die absolute Fahruntüchtigkeit bei Alkoholisierung der Grenzwert von 1,1 Promille, bei Fahrradfahrern der Grenzwert von 1,6 Promille. Umstritten ist die Einordnung bei E-Scootern. Die Rechtsprechung tendiert weiterhin zur Anwendung des Grenzwerts für Kfz. Der BGH hat sich hierzu noch nicht abschließend geäußert (NStZ-RR 2023, 222 = NZV 2023, 418 m. Anm. Kerkmann = zfs 2023, 407 = VRR 7/2023, 21 = StRR 6/2023, 22 [jew. Niehaus]). Eine Verurteilung setze aber Feststellungen zu Art und technischer Beschaffenheit voraus, auf deren Grundlage beurteilt werden kann, ob das Fahrzeug § 4 Abs. 1 S. 1 FeV oder aber § 4 Abs. 1 S. 2 FeV unterfällt. Gleiches gelte bei der Verurteilung gem. § 316 Abs. 1 StGB oder § 315c Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, Abs. 3 Nr. 2 StGB bezüglich der fahrzeugtechnischen Einordnung, um dem Revisionsgericht die Überprüfung zu ermöglichen, ob das Tatgericht zu Recht den für absolute Fahruntüchtigkeit entwickelten BAK-Grenzwert von 1,1 Promille seiner rechtlichen Bewertung zugrunde gelegt hat (zuvor BGH NStZ 2021, 608 = NZV 2021, 471 n. Anm. Zivanic = DAR 2021, 397 = StRR 9/2021, 23 = VRR 7/2021, 18 [jew. Burhoff] zu einem „Sunny-Bike”; ähnl. LG Oldenburg DAR 2022, 707 = zfs 2023, 286). Eine endgültige Klarstellung durch den BGH bleibt abzuwarten (König, DAR 2023, 366). Wer einen unversicherten E-Scooter ohne Fahrerlaubnis im öffentlichen Straßenverkehr wie einen einfachen Tretroller mit bloßer Muskelkraft fortbewegt, verhält sich selbst dann weder strafbar noch ordnungswidrig, wenn er zuvor Drogen konsumiert hat, ohne Ausfallerscheinungen zu zeigen (LG Hildesheim zfs 2023, 48 = VRR 1/2023, 18 = StRR 12/2022, 26 [jew. Burhoff] = NZV 2023, 237 [Sandherr]). Das bloße Festhalten des Lenkers eines E-Scooters während der Fahrt durch einen absolut fahruntüchtigen Sozius stellt unabhängig von aktiven Lenkbewegungen nach links oder rechts, um eine Kurve zu fahren ein Lenken des Fahrzeugs und damit das „Führen” eines Fahrzeugs i.S.d. § 316 StGB dar (LG Oldenburg VRR 1/2023, 20 [Deutscher] = NZV 2023, 238 [Kerkmann]; Bespr. Mitsch, NZV 2023, 197).
Hinweis:
Zum aktuellen Stand bei E-Scootern Deutscher, StRR 8/2023, 6.