Liegen tatsächliche Anhaltspunkte für eine fahreignungsrelevante psychische Erkrankung (hier: Depression) vor, kann die Fahrerlaubnisbehörde den Betroffenen zur Abklärung der Eignungszweifel zur Vorlage eines ärztlichen Fachgutachtens auffordern. Wird das Gutachten trotz Hinweises auf § 11 Abs. 8 FeV nicht vorgelegt, kann die Fahrerlaubnis entzogen werden (BayVGH NZV 2023, 413 [Pießkalla]). Eine Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Arzneimittelmissbrauchs nach Nr. 9.4 der Anlage 4 der FeV (hier: Medizinal-Cannabis) setzt voraus, dass die Fahrerlaubnisbehörde einen regelmäßig übermäßigen Gebrauch des psychoaktiv wirkenden Arzneimittels beweiskräftig belegen kann. Wird eine Fahrungeeignetheit festgestellt, so ist grds. von deren Fortbestand auszugehen, solange nicht vom Betroffenen der materielle Nachweis der Wiedererlangung der Fahreignung erbracht worden ist (VGH Baden-Württemberg NJW 2023, 465 = NZV 2023, 190 [Gail]). Wird die Beibringung einer MPU gegenüber einer Person angeordnet, die gelegentlich Cannabis konsumiert und gegen das Trennungsgebot verstoßen hat, ist es grds. nicht zu beanstanden, wenn die Begutachtungsstelle einen einzelnen Nachweis der Drogenfreiheit im Zeitpunkt der MPU fordert (VGH Baden-Württemberg zfs 2023, 534). Eine MPU kann nicht durch bloße Abstinenznachweise ersetzt werden, da eine Abstinenz nichts über deren Stabilität besagt (BayVGH DAR 2023, 523 m. Anm. Dronkovic).
Die Tatsache, dass ein Strafgericht anstelle einer in Betracht kommenden Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 69 StGB) ein Fahrverbot (§ 44 StGB) verhängt, ist regelmäßig nicht schon für sich genommen Ausdruck einer stillschweigenden Prüfung (und Bejahung) der Fahreignung, so dass nicht bereits deswegen eine Bindungswirkung entsteht (OVG Saarland VRR 9/2023, 24 [Deutscher]).
Die rechtskräftige Ahndung der zugrunde liegenden Ordnungswidrigkeiten ist, wie sich aus § 4 Abs. 2 S. 3 StVG ergibt, tatbestandliche Voraussetzung für das Entstehen von Punkten und damit für das Ergreifen von Maßnahmen nach § 4 Abs. 5 S. 1 StVG. Dafür trägt die Fahrerlaubnisbehörde nach allgemeinen Grundsätzen die materielle Beweislast. Den Eintragungen im Fahreignungsregister kommt keine Tatbestandswirkung in dem Sinn zu, dass Behörden und Gerichte an den vom KBA mitgeteilten Inhalt der Entscheidungen gebunden wären. Bestehen Zweifel an der Richtigkeit einer Eintragung, muss dem daher nachgegangen werden und eine fehlerhafte Eintragung ggf. unberücksichtigt bleiben. Es obliegt dem Betroffenen i.d.R., substantiiert und unter Angabe von Tatsachen und Beweismitteln vorzutragen, wenn er das Fehlen einer rechtskräftigen Entscheidung gegen eine Entziehung der Fahrerlaubnis nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem einwenden will (BayVGH NJW 2023, 1982 = NZV 2023, 191 [Brandmair]; zum erforderlichen Ermittlungsumfang auch VGH Hessen NJW 2023, 1674 = zfs 2023, 355). § 29 Abs. 7 S. 3 Nr. 1 StVG erfasst nicht die Durchführung von Verfahren, die die Untersagung des Führens erlaubnisfreier Fahrzeuge zum Gegenstand haben (OVG Schleswig-Holstein NJW 2023, 1899).