Anforderungen an die Aufbewahrung von Waffenschrankschlüsseln
Das OVG Lüneburg hat sich in seinem Urt. v. 27.5.2024 (11 LB 508/23, NVwZ 2024, 1361) mit der Frage befasst, welche Anforderungen an Behältnisse zu stellen sind, in denen Schlüssel zu Waffen- oder Munitionsbehältnissen aufbewahrt werden. Die Antwort ist bedeutsam dafür, ob die Waffenbesitzkarte wegen Unzuverlässigkeit zu widerrufen ist.
§ 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG bestimmt, dass für eine Waffenbesitzkarte die erforderliche Zuverlässigkeit Personen u.a. nicht besitzen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Waffen oder Munition nicht sorgfältig verwahren. Über die waffenrechtliche Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG ist aufgrund einer Prognose des künftigen Verhaltens zu entscheiden, deren Maßstab dem Gesetzeszweck Rechnung zu tragen hat. Dieser besteht darin, die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz verbunden sind, auf ein Mindestmaß zu beschränken. Das Gebot der Risikominimierung ist Ausdruck der präventiven Gefahrenvorsorge. Daraus folgt, dass nur solche Personen als zuverlässig gelten können, bei denen die tatsächlichen Umstände keinen vernünftigen Zweifel zulassen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen werden (st. Rspr.; vgl. BVerwG, Urt. v. 28.1.2015 – 6 C 1/14, juris Rn 17 u. Beschl. v. 10.7.2018 – 6 B 79/18, juris Rn 6).
Hinweis:
Die für die Aufbewahrung von Waffen und Munition geltenden Sorgfaltspflichten sind zunächst in § 36 Abs. 1 WaffG geregelt. Danach hat, wer Waffen oder Munition besitzt, die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um zu verhindern, dass diese Gegenstände abhandenkommen oder Dritte sie unbefugt an sich nehmen. Dem ist regelmäßig nur dann genügt, wenn die zur Verfügung stehenden und zumutbaren Möglichkeiten sämtlich ausgenutzt werden, die Waffe und die Munition so zu verwahren, dass ein Zugriff Unberechtigter nach Möglichkeit verhindert wird (BayVGH, Beschl. v. 4.11.2015 – 21 CS 15.2023, juris Rn 11; Gade, WaffG, 3. Aufl. 2022, § 5 Rn 14).
Das OVG geht davon aus, dass eine Entwendung von Waffen aus einem Waffenschrank ohne Vorliegen von Aufbruchspuren nicht ohne einen Verwahrverstoß gelingen kann. In einem solchen Fall liege es nahe anzunehmen, dass etwa der Waffenschrank nicht ordnungsgemäß abgeschlossen oder aber der Schlüssel zum Waffenschrank nicht ordnungsgemäß verwahrt gewesen sei und damit ein Sorgfaltspflichtverstoß des Waffenbesitzers vorliege. Soweit keine gegenläufigen Anhaltspunkte bestünden, könne also aus einem Abhandenkommen ein Verwahrverstoß geschlussfolgert werden, der sodann seinerseits als relevante Prognosetatsache ein Unzuverlässigkeitsurteil tragen könne.
ZAP F., S. 1039–1048
Von Rechtsanwalt Prof. Dr. Bernd Andrick, VorsRiVG a.D., Münster